BGH, Urt. v. 06.11.2008 – IX ZR 158/07 – veröffentlicht in IBR 2009, 66

Entscheidung
Ein Frachtführer hatte mit der Durchsetzung von Vergütungsforderungen gegen seinen Auftraggeber einen Rechtsanwalt beauftragt.
Der Rechtsanwalt erwirkte einen Mahnbescheid, gegen den der Auftraggeber am 14.05.2004 Widerspruch einlegte. Nach Einzahlung des weiteren Gerichtskostenvorschusses am 19.05.2004 erörterte der Rechtsanwalt am 25.05.2004 die Angelegenheit mit dem Steuerbevollmächtigten des Auftraggebers. Nachdem dieser am 28.05.2004 schriftlich Stellung genommen hatte, brachen die Gespräche zwischen den Parteien ab. Am 30.06.2005 ging die von dem Rechtsanwalt verfasste Anspruchsbegründung beim Mahngericht ein. Nach Abgabe des Mahnverfahrens an das zuständige Prozessgericht wies dieses die Klage wegen Verjährung rechtskräftig ab.

Der Frachtführer nahm den von ihm beauftragten Rechtsanwalt wegen Pflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der BGH hat in letzter Instanz der gegen den Rechtsanwalt gerichteten Schadensersatzklage stattgegeben. Der Vergütungsanspruch des Frachtführers sei – trotz zwischenzeitlicher Hemmung aufgrund von Verhandlungen – verjährt. Entsprechend dem Wortlaut des § 203 Satz 1 BGB sei die Verjährung so lange gehemmt, bis die eine oder die andere Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigere. Ein Ende der Verjährungshemmung trete nicht nur dann ein, wenn die Fortsetzung der Verhandlungen ausdrücklich verweigert werde, sondern auch dann, wenn der Anspruchsteller die Verhandlungen „einschlafen“ lasse. Dies sei dann anzunehmen, wenn der Anspruchsteller den Zeitpunkt versäume, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Anspruchsgegners spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen.

Die zu der früheren Vorschrift des § 852 Abs. 2 BGB a. F. entwickelten Grundsätze seien auch auf die ab dem 01.01.2002 geltende Vorschrift des § 203 Satz 1 BGB n. F. anzuwenden.

Praxishinweis
Der BGH nimmt in seiner Entscheidung nicht ausdrücklich dazu Stellung, wann genau infolge des „Einschlafenlassens“ von Verhandlungen das Ende der Verjährungshemmung eintritt. Eine allgemeine Regel hierfür ist der Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
Das Berufungsgericht hatte im vorliegenden Fall angenommen, dass die im Mai 2004 infolge der Verhandlungen eingetretene Verjährungshemmung 6 Monate nach Zugang des Schreibens des Steuerbevollmächtigten vom 28.05.2004 am 01.12.2004 beendet gewesen ist. Der BGH hat das Ergebnis des Berufungsgerichts nicht beanstandet. Dies bedeutet allerdings nicht zwingend, dass in jedem Fall ein Ende der Hemmungswirkung erst 6 Monate nach dem letzten Schreiben eintritt. So hat der BGH entschieden, dass dann, wenn der Anspruchsteller dem Anspruchsgegner eine Stellungnahmefrist setzt und dieser nicht hierauf reagiert, spätestens 1 Monat nach Ablauf der vom Anspruchsteller gesetzten Frist die Verjährungshemmung beendet ist (vgl. BGH NJW 2003, 895, 897). Das OLG Köln hat entschieden, dass in dem umgekehrten Fall der Anspruchsgegner dem Anspruchsteller eine Stellungnahmefrist setzt und dieser nicht reagiert, bereits mit Ablauf der Frist das Ende der Verhandlungen und damit das Ende der Verjährungshemmung eintritt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 24.05.2007 – 11 U 136/06, BeckRS 2007 14131). Wenn auf der Anspruchsgegnerseite eine Haftpflichtversicherung eingeschaltet ist und für die Regulierung des Schadens eine Verhandlungspause vereinbart wird, dann ist es grundsätzlich Sache der Haftpflichtversicherung, die Initiative wegen einer Wiederaufnahme der Verhandlungen zu ergreifen, wenn sie die Hemmung einer Verjährung der Ersatzansprüche beenden will (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1044, 1047).