OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.03.2007 – 10 A 998/06 – veröffentlicht in UPR 2008, 458
Entscheidung
Die Klägerin wendet sich gegen eine Baugenehmigung, die die beklagte Baubehörde einem Gewerbetreibenden zur Errichtung eines so genannten Werbepylons erteilt hat. Dabei handelt es sich im vorliegenden Fall um einen ca. 24 m hohen dreiseitigen beleuchteten Pylonen. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in einem als Allgemeines Wohngebiet festgesetzten Baugebiets. Der Werbepylon befindet sich in ca. 150 m Entfernung vom klägerischen Grundstück.

Er wurde in Übereinstimmung mit einem zwischenzeitlich für nichtig erklärten Bebauungsplan errichtet, der ein Sondergebiet „Bau- und Heimwerkermarkt mit Gartencenter“ festsetzt. Der B-Plan wurde zwischenzeitlich geheilt, allerdings wurden die Vorgaben in Bezug auf den Werbepylon insoweit modifiziert, als dieser zu zwei Seiten hin nur von 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr beleuchtet werden darf. Zu der Seite des klägerischen Grundstücks hin hat es keine dahingehende Betriebsbeschränkung gegeben. Die Klägerin verlangte zunächst ein Einschreiten der zuständigen Behörden gegen den Betrieb des Pylons auch während der Nachtzeit. Im Rahmen des Verfahrens hat das Gericht aber auch die dem Pylon zugrunde liegende Baugenehmigung geprüft.

Während das Verwaltungsgericht der Klägerin Recht gab, hob das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil auf. Das OVG entschied, dass die dem beigeladenen Gewerbetreibenden erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Pylons die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzte.

Zu Recht!

Da der ursprüngliche B-Plan für nichtig erklärt worden ist, hat das Oberverwaltungsgericht die baurechtliche Zulässigkeit des Werbepylons auf der Grundlage von § 34 BauGB beurteilt.
Das Gericht ordnete das Gebiet rund um den Werbepylon aus der Gesamtschau der vorhandenen Nutzungen und des baulichen Bestands als faktisches Sondergebiet ein. Es berücksichtigte zudem, dass das Gebiet bereits seit ca. 30 Jahren gewerblich genutzt wurde. Da mit dem Allgemeinen Wohngebiet und dem faktischen Sondergebiet zwei unterschiedliche Gebietsarten aufeinander treffen, beurteilte das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeit des Werbepylons auf der Grundlage von § 15 BauNVO danach, ob von ihm unzumutbare Beeinträchtigungen für das benachbarte Allgemeine Wohngebiet ausgehen.

Auf der Grundlage einer Ortsbegehung sowie eines Lichtgutachtens kam das Oberverwaltungsgericht insgesamt zu dem Ergebnis, dass unzumutbare Beeinträchtigungen nicht gegeben sind.

Die Beleuchtung des Werbepylons führte schon aufgrund des Abstands von ca. 150 m zum klägerischen Grundstück weder zu einer erdrückenden noch zu einer optisch bedrängenden Wirkung für die Klägerin.

Zudem gingen auch keine unzumutbaren Lichtimmissionen von dem Werbepylon für die Klägerin aus.

Denn der Werbepylon führte weder zu einer optischen Aufhellung der Räumlichkeiten der Klägerin noch zu einer psychologischen Blendung, bei der das Auge ständig durch die Lichtquelle abgelenkt wird. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Beurteilung der Lichtimmissionen sowohl einen Immissionsrichtwert für die Messeinheit des Lichts (lux) als auch die Farbe des Lichts (hier: orange) berücksichtigt und hier keine wesentliche Beeinträchtigung für die Klägerin festgestellt. Zudem war der Werbepylon vom klägerischen Grundstück aus im Wesentlichen nur von einem Ankleidezimmer im 1. Obergeschoss sowie vom hinteren Teil des Gartens aus vollständig zu sehen.

Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu aber grundsätzlich ausgeführt, dass kein Anspruch dergestalt bestünde, von Lichteinwirkungen durch Werbeanlagen auf dem eigenen Grundstück generell verschont zu bleiben.        

Praxishinweis
Werbepylone sind mittlerweile nahezu in jedem Gewerbegebiet oder auch schon an einzelnen gewerblichen Anlagen anzutreffen. Nicht selten überragen sie deutlich die bestehenden Gebäude und verfügen über eine direkte oder indirekte Beleuchtung, um auch nachts schon von weitem wahrgenommen zu werden. Wenngleich der Werbepylon von der Nachbarschaft als störend empfunden werden kann, führt nur eine tatsächliche, messbare Beeinträchtigung auch zu einem Schutzanspruch gegenüber einer entsprechenden Werbeanlage. Zur Beurteilung der Lichtimmissionen kann insoweit auf Immissionsrichtwerte zurückgegriffen werden, soweit die Umweltverwaltungen der einzelnen Bundesländer (hier: Nordrhein-Westfalen) entsprechende Werte veröffentlichen.