Das von der Großen Koalition als wesentliches gesetzgeberisches Projekt dieser Legislaturperiode initiierte Gesetzesvorhaben zum Erlass eines Umweltgesetzbuchs (UGB) ist zu Beginn des Jahres gescheitert. Der Plan, das deutsche Umweltrecht in einem Gesetz zusammenzuführen, wird daher vorerst nicht umgesetzt. Für den Bundesgesetzgeber besteht nach dem Scheitern aus rechtlichen Gründen Handlungsbedarf, da im Zuge der Föderalismusreform der Bund ab dem 01.01.2010 die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für Teilbereiche des Umweltrechts, die ihm erst 2006 eingeräumt worden ist, wieder verliert und die Länder von diesem Zeitpunkt an beispielsweise im Naturschutzrecht abweichende Regelungen erlassen können. Die Spanne von vier Jahren wurde seinerzeit bewusst gewählt, um dem Bund ausreichend Zeit zur Realisierung des UGB einzuräumen, zu dessen Erlass es nun aber wie ausgeführt aller Voraussicht nach nicht mehr bis zum 01.01.2010 kommen wird. Der Bundesumweltminister hat daher zur Verhinderung einer Rechtszersplitterung vier Gesetzesentwürfe vorgeschlagen, die am 11.03.2009 vom Bundeskabinett beschlossen wurden und nun vom Bundestag verabschiedet werden sollen. 

Die vom Kabinett beschlossenen Entwürfe novellieren im Wesentlichen das Naturschutzrecht, das Wasserrecht sowie das Strahlenschutzrecht. Zusammen mit dem ebenfalls beschlossenen Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt gehörten diese Neuerungen ursprünglich zum UGB.

Die vorgelegte Gesetzesnovelle zum Naturschutzrecht knüpft an das bestehende Bundesnaturschutzgesetz an und soll im Wesentlichen das geltende Rahmenrecht des Bundes durch Vollregelungen ersetzen, d. h. abschließende, unmittelbar anwendbare Ermächtigungsnormen, Pflichtenkataloge etc. schaffen, die keiner weiteren Umsetzung durch Landesrecht bedürfen. In einigen wenigen Punkten soll das geltende Naturschutzrecht aber auch inhaltlich geändert bzw. ergänzt werden.

Die in der Praxis bedeutsame Eingriffsregelung im Rahmen des allgemeinen Schutzes von Natur und Landschaft (Definition des Eingriffs in Natur und Landschaft, Rechtsfolgen von Eingriffen in Natur und Landschaft) soll leicht modifiziert werden. Ihr soll der (sinngemäß auch bisher schon geltende) allgemeine Grundsatz vorangestellt werden, nach dem der Verursacher einer erheblichen Beeinträchtigung von Natur und Landschaft diese vorrangig zu vermeiden, auszugleichen und zu ersetzen und im Übrigen – soweit Vermeidung, Ausgleich oder Ersatz nicht möglich sind – in sonstiger Weise zu kompensieren hat. Insgesamt soll die Eingriffsregelung in den geplanten §§ 13 bis 19 BNatSchG (Entwurf) modernisiert werden. Erstmals in das Bundesrecht aufgenommen werden soll die so genannte Ersatzzahlung, die dann greifen kann, wenn ein Vorhaben trotz nicht real kompensierbarer Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft dennoch zugelassen wird (§ 15 Abs. 6 BNatSchG (Entwurf). Die bereits aus der Bauleitplanung bekannten Instrumente des Flächenpools und Ökokontos sollen zukünftig als Instrument auch bei anderen Eingriffen in Natur und Landschaft angewandt werden können (so genannte Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen bzw. -flächen, § 16 BNatSchG (Entwurf). Somit könnte bei Inkrafttreten der Regelung zukünftig die Möglichkeit bestehen, Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die im Hinblick auf durch ein einzelnes Vorhaben erwartete Eingriffe bereits im Vorfeld der Realisierung des eigentlichen Vorhabens durchgeführt worden sind, unter bestimmten Voraussetzungen als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen anerkennen zu lassen.  

Die geplanten Regelungen zum Biotopverbund/Biotopvernetzung und zum Netz „Natura 2000“ entsprechen weitestgehend dem geltenden BNatSchG, wobei der bereits bestehende länderübergreifende Biotopverbund durch eine neue Regelung zur Biotopvernetzung auf regionaler Ebene ergänzt wird (§ 21 Abs. 6 BNatSchG (Entwurf)). Die Regelungen zum Netz „Natura 2000“ über die so genannten FFH- und Vogelschutzgebiete sollen zukünftig einen eigenen Abschnitt erhalten. In Anlehnung an bereits geltende entsprechende Landesregelungen soll in den Abschnitt ein der Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 FFH-Richtlinie dienendes allgemeines Verschlechterungsverbot für die „Natura 2000“-Gebiete aufgenommen werden.

Einige bisher den Ländern vorbehaltene Bereiche sollen in das vorhandene Regelungskonzept integriert werden. Dies gilt insbesondere für den so genannten allgemeinen Artenschutz, also Regelungen zum Schutz der Tier- und Pflanzenarten, die wegen ihrer Seltenheit oder Gefährdung nicht bereits ohnehin einen strengen Schutz genießen. Hierzu zählt etwa das Verbot, Bäume oder Sträucher während der Brutzeit zurückzuschneiden (§ 39 Abs. 5 BNatSchG (Entwurf)). Dabei berücksichtigt der Gesetzesentwurf soweit wie möglich die in den Ländern bereits bewährte Rechtslage.

Bedeutsam für größere Projekte und Pläne, die Eingriffe in Natur und Landschaft beinhalten und im Rahmen von Genehmigungsverfahren mit
Öffentlichkeitsbeteiligung realisiert werden, ist die Anerkennung von mitwirkungs- und klageberechtigten Vereinigungen, die zukünftig im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geregelt wird.  

Bei der Novellierung des Wasserrechts sollen in erster Linie ebenfalls die (bereits bestehenden) bundesrechtlichen Rahmenregelungen durch Vollregelungen ersetzt werden. Die neue bundesrechtliche Regelung wird sämtliche Pflichten, die bisher im Bundes- und Landesrecht im Zusammenhang mit der Gewässerbenutzung bestehen, zusammenfassen. Zudem wird eine neuen Informationspflicht hinzutreten, die für die Dauer von drei Jahren ab Inkrafttreten des neuen Wasserhaushaltsgesetzes dazu verpflichtet, alte Rechte und alte Befugnisse zum Gebrauch von Gewässern anzumelden, und zwar bereits von Gesetzes wegen und nicht erst – wie es bisher beispielsweise im Land Sachsen geregelt war – auf behördliche Anordnung. 

Die bisher in den meisten Bundesländern bestehende Verpflichtung, Arbeiten, die sich auf das Grundwasser auswirken können, anzuzeigen, soll nun auch bundesweit eingeführt werden. Dasselbe gilt für die erstmals bundesrechtlich normierte Anzeigepflicht in Fällen der unbeabsichtigten Erschließung von Grundwasser. Bundesweit genehmigungspflichtig wird die Einleitung von Abwasser in öffentliche Abwasseranlagen sowie die bisher nur im nordrhein-westfälischen Wassergesetz geregelte Genehmigungspflicht für die Einleitung von Abwasser in private Abwasseranlagen. Zudem soll, in Abweichung der landesrechtlich bisher bestehenden Genehmigungspflicht, für Kanalisationen nunmehr lediglich eine Anzeigepflicht geschaffen werden. Das neue WHG soll die in allen Ländern bereits bestehende Genehmigungspflicht für die Zulassung bestimmter Maßnahmen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten übernehmen.

Die geplante Novelle eines Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung betrifft im Wesentlichen den Umgang von Strahlungen im medizinischen und kosmetischen Bereich. Eine wichtige Änderung stellt das Verbot dar, Minderjährigen Zugang zu künstlichen Sonnenstrahlungen zu  verschaffen (Verbot der Nutzung von Sonnenstudios für Minderjährige).

Das geplante Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt dient überwiegend der Streichung von Rechtsvorschriften, die keine praktische Wirkung mehr entfalten. Insgesamt werden 14 Gesetze und Verordnungen sowie Einzelvorschriften in sechs weiteren Gesetzen aufgehoben. Daneben dient der Gesetzesentwurf auch der Ersetzung von früherer Rahmengesetzgebung des Bundes durch Vollregelungen. In diesem Zuge werden beispielsweise im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) einige Rechtsvorschriften ganz oder teilweise aufgehoben, wie etwa § 3d UVPG, der dem Landesrecht eine eigenständige Schaffung der UVP-Pflichtigkeit einräumte, oder § 14 d Abs. 2 UVPG hinsichtlich der landesrechtlichen Vorgaben zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung (SUP). 

Im Zuge der Rechtsbereinigung sollen außerdem einige wenige Modifikationen am Katalog der UVP-pflichtigen Vorhaben vorgenommen werden (Beispiel: UVP-Pflichtigkeit für Produktions- und Wartungsstätten von Luftfahrzeugen bereits ab einer Produktion von 50 Luftfahrzeugen pro Jahr (zuvor: 100 Luftfahrzeuge)).