Kurz vor Ablauf der Legislaturperiode hat der Bundesrat am 10.07.2009 den vom Bundestag vorgelegten Gesetzesentwürfen zur Reform des Umweltrechts zugestimmt. Damit werden das Naturschutzrecht und das Wasserrecht novelliert, darüber hinaus auch das Recht der nichtionisierenden Strahlung. Mit dem Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt werden darüber hinaus verschiedene Einzelregelungen in mehreren Umweltrechtsgesetzen modifiziert. Die Gesetze sind zwischenzeitlich im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29.07.2009, BGBl I 2009, S. 2542; Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.07.2009, BGBl I 2009, S. 2585; Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung vom 29.07.2009, BGBl I 2009 S. 2433). Zu den ursprünglichen Gesetzesentwürfen der Bundesregierung vom März des Jahres hatte der Bundesrat zahlreiche Änderungswünsche angemeldet, die vom Bundestag aufgegriffen wurden.

Im Naturschutzrecht wird das alte Rahmenrecht, das lediglich allgemeine Vorgaben für die Länder enthielt, abgelöst. Bundesweit gilt nun der Grundsatz der Realkompensation bei Eingriffen in Natur und Landschaft. Nur wenn ein Schaden nicht auf diesem Wege kompensiert werden kann, darf von diesem Grundsatz abgewichen werden. Der ursprüngliche Entwurf des Naturschutzgesetzes wurde in mehreren Punkten geändert. So wurde in den allgemeinen Vorschriften in die Zielbestimmung die Bedeutung des Aufbaus einer nachhaltigen Energieversorgung aufgenommen (§ 1 Abs. 3 BNatSchGE). Dort wurde zudem eine Regelung aufgenommen, die einen Vorrang der Innenentwicklung vor der Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich vorsieht, um den Flächenverbrauch einzudämmen. Die Eingriffsregelung (§ 13 BNatSchGE) wurde klarer gefasst, darüber hinaus wurden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gleichgestellt. Es besteht daher kein Vorrang von Ausgleichs- vor Ersatzmaßnahmen mehr.
Der Privilegierungszeitraum für die Wiederaufnahme einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung im Rahmen der Eingriffsregelung und der Ausnahme vom gesetzlichen Biotopschutz wurde von fünf auf zehn Jahre verlängert (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchGE). Zudem wurde klargestellt, dass auch Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen in Schutzgebieten, Kohärenzsicherungsmaßnahmen bei NATURA 2000-Gebieten und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen zur Gewährleistung der ökologischen Funktion von geschützten Fortpflanzungs- und Ruhestätten als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung anerkannt werden können (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchGE). Im allgemeinen Artenschutz wurde präzisiert, dass künstlich vermehrte Pflanzen nicht gebietsfremd sind, wenn sie ihren genetischen Ursprung in dem betreffenden Gebiet haben (§ 40 Abs. 1 BNatSchGE). Im Bereich des Meeresnaturschutzes wurde die Privilegierung von der Eingriffsregelung bei Off-Shore-Windkraftanlagen in der ausschließlichen Wirtschaftszone erweitert (§ 56 Abs. 2 BNatSchGE).
Eine im Zusammenhang mit dem Naturschutzgesetz vorgesehene Änderung im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung sieht die Klarstellung vor, dass der Bund bei der Strategischen Umweltprüfung für Landschaftsplanungen derzeit davon absieht, von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch zu machen (§ 19a UVPG).

Im Wasserrecht können nun ebenfalls erstmals auf Bundesebene einheitliche Vorgaben zur Bewirtschaftung der Oberflächengewässer, des Küstenmeeres und des Grundwassers in Kraft treten. Die Regelungen gleichen Interessen an der Nutzung und am Schutz von Gewässern aus, zum Beispiel bei der Durchgängigkeit und der Mindestwasserführung. Voraussetzung für die Nutzung der Wasserkraft sind zukünftig geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fisch-population. Die Bedeutung des Klimawandels wird bei den allgemeinen Grundsätzen der Gewässerbewirtschaftung besonders betont. Auch der ursprüngliche Entwurf des Wasserhaushalts-gesetzes wurde in verschiedenen Punkten ge-ändert.

Auf Wunsch des Bundesrates wurden Öffnungsklauseln zu Gunsten landesrechtlicher Regelungen eingefügt, so beispielsweise für Regelungen über das Eigentum an Gewässern (§ 4 Abs. 5 WHGE), über den Umgang mit gefährlichen Stoffen wie Düngemitteln (§ 38 Abs.4 WHGE), über die Beteiligung einer Körperschaft an den Kosten der Wasserunterhaltung (§ 40 Abs. 1 WHGE), über sonstige besondere Pflichten bei der Gewässerunterhaltung (§ 41 Abs. 1 WHGE), über die Behandlung von Erdaufschlüssen und der Erschließung von Grundwasser (§ 49 Abs. 4 WHGE), über die Genehmigungspflicht der Errichtung, des Betriebs oder der wesentlichen Änderung von Abwasserbehandlungsanlagen (§ 60 WHGE)), über abweichende Regelungen zur Zulassung oder Anzeige von Bauten des Küstenschutzes (§ 68 WHGE), über den Umgang mit Überschwemmungsgebieten an oberirdischen Gewässern (§ 76 WHGE) sowie über die Aufgaben der Gewässeraufsicht (§ 100 WHGE). Darüber hinaus sind auch Änderungen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes aufgenommen worden. So wurde in den allgemeinen Grundsätzen der Gewässerbewirtschaftung geregelt, dass an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten sind und insbesondere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 WHGE). Schließlich fußt die Neujustierung der Gewässerschutzbelange bei der Wasserkraftnutzung auch auf einem Änderungswunsch des Bundesrats (§ 35 Abs. 1 WHGE).

Bei den neuen Vorschriften zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung ist als wesentliche Vorschrift das neue Verbot zu beachten, nach dem Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren angesichts des besonderen Hautkrebs-Risikos Sonnenstudios zukünftig nicht mehr nutzen dürfen.

Schließlich klärt das so genannte Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung für bestimmte wasserwirtschaftliche und forstliche Vorhaben zum ersten Mal bundeseinheitlich. Bei Industrie- und Abfallbehandlungsanlagen werden den Bundesländern mehr Kontrollmöglichkeiten der Abfallströme und Entsorgungswege eingeräumt. Damit soll eine illegale Nutzung von Abfällen besser unterbunden werden.