OLG Frankfurt, Urteil vom 17.12.2009 – 22 U 143/07 

Entscheidung
Die Klägerin erwarb im Jahr 2001 ein Bestandsgebäude. Zuvor wurde die beklagte Ingenieurgesellschaft zur Abgrenzung erheblicher finanzieller Belastungen beim Kauf dieses Gebäudes mit „Schadstoffuntersuchungen in Gebäuden und Untergrund“ beauftragt. In dem daraufhin erstellten Gutachten war die in der zweistöckigen Tiefgarage vorhandene Chloridbelastung der dortigen Betonteile nebst der daraus resultierender Korrosion des Bewehrungsstahls nicht erwähnt. Die Klägerin verlangt daraufhin von der Beklagten den Ersatz der Sanierungskosten der Tiefgarage.

Zu Unrecht! Nach Ansicht des OLG Frankfurt kann ein Ingenieurbüro, welches durch einen Auftraggeber mit Gutachterleistungen bezüglich eines Bestandsgebäudes beauftragt wurde und den Auftraggeber nicht über Bestandsrisiken informiert, zwar grundsätzlich auf Schadensersatzansprüche in Anspruch genommen werden. Eine Haftung der Beklagten war im vorliegenden Fall aber nicht festzustellen.

Das Gericht sah das Gutachten nicht als unvollständig und damit fehlerhaft an, da der Wortlaut der Vereinbarung keine ausdrückliche Verpflichtung zur Untersuchung der Tiefgarage des Gebäudes auf eventuelle Chloridschäden enthielt. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Tiefgarage auf eine Chloridbelastung hin zu untersuchen, sei auch bei entsprechender Auslegung des Vertrages und unter Berücksichtigung der Parteiinteressen nicht festzustellen.

Auch soweit die Beklagte im Rahmen der Akquisitionsphase begehrte, möglichst weitgehend mit den Untersuchungen beauftragt zu werden, ergebe sich hieraus keine Haftung. Vorschläge, welche zusätzlichen Untersuchungen die Beklagte für erforderlich halte, stellen für sich noch keinen verbindlichen Rat dar.

Darüber hinaus hat die Beklagte keine (vor-) vertragliche Nebenpflicht verletzt, indem sie die Klägerin nicht darauf hingewiesen hat, dass die Tiefgarage möglicherweise durch Tausalzeintrag chloridbelastet sei und sie dahingehend nicht beauftragt ist. Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gewisse Informations- und Beratungspflichten bestehen können. Der Umfang ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls, der maßgeblich vom Rahmen und Umfang der vertraglich übernommenen Verpflichtung abhängt. Im konkreten Fall konnte die Beklagte davon ausgehen, dass sie im Rahmen der Due Diligence-Prüfung lediglich für den Bereich der Altlasten zuständig war und insoweit auch nur zur Feststellung kontaminierter Materialien nebst der Ermittlung des Beseitigungsmehraufwands für die im Rahmen der Umbauarbeiten zu entsorgen Materialien. Für den Bereich der Betonsanierung war sie hingegen nicht zuständig, zugleich hat sie in diesem Bereich auch gegenüber den anderen an der Prüfung beteiligten Personen über kein überlegenes Fachwissen verfügt.

Praxishinweis
Anhand dieser Entscheidung zeigt sich wieder einmal, wie wichtig eine konkrete Leistungsbeschreibung ist, die die Aufgabenstellung klar definiert. Der Auftraggeber wollte in diesem Fall eine umfassende technische Due Diligence mit den entsprechenden Haftungsfolgen, hat aber nur eine auf einen Teilbereich gerichtete Leistung (ein auf bestimmte Schadstoffarten begrenztes Gutachten) beauftragt und erhalten.