BGH, Urteil vom 27.05.2010 – VII ZR 165/09 – veröffentlicht in IBR 2010, 451, 452

Entscheidung
Ein Anbieter von Einfamilien-Fertighäusern verwendet in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Bestandteil der Bauverträge mit den privaten Bauherren werden, folgende Klausel:
„Der Bauherr ist verpflichtet, spätestens acht Wochen vor dem vorgesehenen Baubeginn dem Unternehmen eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines in Deutschland zugelassenen Kreditinstituts in Höhe der nach dem vorliegenden Vertrag geschuldeten Gesamtvergütung (unter Berücksichtigung von aus Sonderwünschen resultierenden Mehr- oder Minderkosten) zur Absicherung aller sich aus dem vorliegenden Vertrag ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Bauherrn vorzulegen.“

Ein Bauherren-Schutzverband nimmt im Wege der Unterlassungsklage den Fertighausanbieter auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel sowie von Folgeklauseln, die dem Auftragnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht gewähren, wenn die Bürgschaft nicht gestellt wird, und die ihm unter weiteren Voraussetzungen die Kündigung des Vertrages ermöglichen, in Anspruch.

Der BGH hat in letzter Instanz die vorstehende Vertragsklausel sowie die Folgeklauseln für wirksam angesehen und ihre Verwendung durch den Fertighausanbieter gebilligt. Er hat ausgeführt, dass die Klauseln nicht unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten (§§ 307 – 309 BGB) unwirksam sind, da sie die Bauherren nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die in der AGB-Klausel enthaltene Verpflichtung des Bauherrn zur Stellung einer Bürgschaft zur vollen Absicherung aller seiner vertraglichen Zahlungsverpflichtungen weiche von keiner gesetzlichen Regelung – insbesondere nicht von § 648a BGB in der alten und in der neuen, seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung – ab. Die Regelungen des § 648a Abs. 1 – 5 BGB sind nach Auffassung des BGH auf vertragliche Sicherungsabreden einschließlich Sicherungsabreden in AGB nicht anwendbar und können keine „Leitbildfunktion“ für den möglichen Inhalt der Sicherungsabreden haben. Denn § 648a BGB in der alten ebenso wie in der neuen Fassung betreffe ausschließlich ein einseitiges Sicherheitsverlangen des Auftragnehmers nach Vertragsabschluss und bezwecke nicht, vertragliche Sicherheitsvereinbarungen zu beschränken. Anderes ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die Regelung in § 648a Abs. 6 Nr. 2 BGB, wonach § 648a BGB keine Anwendung findet, wenn der Auftraggeber eine natürliche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses ausführen lässt. Diese Vorschrift beinhalte kein gesetzliches Leitbild dahingehend, dass der Auftragnehmer einer natürlichen Person von dieser – mit Ausnahme einer Bauhandwerkersicherungshypothek (§ 648 BGB) – überhaupt keine Sicherheit erhalten soll und deshalb auch keine vertraglichen Sicherungsabreden treffen dürfte. Eine unangemessene Benachteiligung der Bauherren hat der BGH auch nicht in dem Umstand gesehen, dass der Bauherr mit den Kosten der Bürgschaft in Form der Avalprovision des Kreditinstituts belastet wird. Dieser Belastung steht nach Ansicht des BGH das berechtigte Interesse des Fertighausanbieters an der Einräumung einer über eine Bauhandwerkersicherungshypothek (§ 648 BGB) hinausgehenden Sicherheit gegenüber.

Praxishinweis
Diese BGH-Entscheidung hat über den Fertighausvertrag hinaus Bedeutung für alle Bauverträge mit natürlichen Personen als Auftraggeber. Sie enthält wichtige Fingerzeige für eine entsprechende Vertragsgestaltung des Auftragnehmers einschließlich der Gestaltung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen.