OVG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.03.2010 – 7 D 96/09 NE –

Der Antragsteller wandte sich im Wege der Normenkontrollklage gegen einen von der beklagten Gemeinde aufgestellten Bebauungsplan. Mit letzterem wurde eine bestehende Wohnsiedlung, die früher den belgischen Besatzungskräften diente und nunmehr leer stand, überplant. Wesentlicher Streitgegenstand war die Überplanung eines Grundstücks, auf dem sich das leerstehende Gebäude eines ehemaligen Supermarktes zur Versorgung der Wohnsiedlung befunden hatte. Während der Bebauungsplan in seiner ursprünglichen Fassung für dieses Grundstück vier Baufelder vorsah, auf denen nur Einzel- und Doppelhäuser zugelassen waren, setzte der Bebauungsplan in seiner ersten Änderung in diesem Bereich jeweils ein Baufeld für eine Bebauung in geschlossener Bauweise mit Flachdach fest. Anlass hierzu war u. a. auch die Anregung des Eigentümers (Investors) dieses Grundstücks, der gegenüber der Gemeinde geäußert hatte, dass die Grundstücke in ihrer bisherigen bauplanungsrechtlichen Konformität nur schwer zu vermarkten sein würden.

Der Antragsteller, der dem streitgegenständlichen Grundstück gegenüber wohnt, stützte seinen Antrag im Normenkontrollverfahren im Wesentlichen darauf, dass die Gemeinde unzulässigerweise private Interessen in ihre Abwägung und im Ergebnis auch in die Festsetzung habe einfließen lassen. Die zur Planänderung u. a. angeführten Vermarktungsschwierigkeiten stellten keinen städtebaulichen Gesichtspunkt dar. Es sei auch nicht Aufgabe der Bauleitplanung, dem Investor das Risiko einer Fehlkalkulation abzunehmen. Zudem bestehe kein Anlass für die Annahme, dass entsprechend der ursprünglichen Planung errichtete Häuser auf Dauer nicht vermarktet werden könnten und leer stehen würden. Die Antragsgegnerin habe diesen Einwand des Investors auch überhaupt nicht überprüft.

Entscheidung
Das OVG lehnte den Normenkontrollantrag ab. Die nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderliche städtebauliche Rechtfertigung fehlte dem Plan nach Auffassung des Gerichts nicht. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setze, liege in ihrem planerischen Ermessen. Die Erforderlichkeit i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB fehle nur solchen Bauleitplänen, die einer positiven Planungskonzeption entbehrten und ersichtlich der Förderung von Zielen dienten, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt seien. Davon sei beispielsweise auszugehen, wenn eine planerische Festsetzung lediglich dazu diene, private Interessen zu befriedigen. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Denn die vorliegende Planung diene nicht ausschließlich dazu, mit dem Mittel der Bauleitplanung die finanziellen Interessen der von den Änderungen betroffenen Investoren zu fördern. Es könne zwar unterstellt werden, dass Investoren mit dem Ziel einer besseren Vermarktbarkeit der Grundstücke entsprechende Wünsche an die Gemeinde herangetragen und dadurch die strittige Planänderung angestoßen hätten. Eine Gemeinde dürfe solche privaten Interessen aber durchaus zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen, sofern sie damit eigene städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolge. Es sei insoweit sogar selbstverständlich, dass die städtebauliche Steuerungsfunktion der gemeindlichen Bauleitplanung auch durch die Interessen privater Investoren beeinflusst werden. Es sei daher allein entscheidend, ob die jeweilige Planung in ihrer Ausgestaltung darauf ausgerichtet und in ihrer konkreten Form der Durchführung dadurch motiviert ist, den betroffenen Raum in der nach Maßgabe der gesetzlichen Bindungen von der Gemeinde selbst zu verantwortenden Weise sinnvoll städtebaulich zu ordnen. Dies sei hier geschehen, da mit dem Bebauungsplan das Ziel verfolgt werde, das Grundstück des ehemaligen Supermarktes und die Grundstücke der ehemaligen Wohnsiedlung einer städtebaulich geordneten Bebauung zuzuführen. Insofern dürfte die Gemeinde selbstverständlich auch Änderungswünsche eines Investors aufgreifen. Denn eine schwierige Vermarktung von Baugrundstücken berge die Gefahr, dass die angestrebte städtebauliche Entwicklung sich zumindest verzögert und die sich zur Bebauung anbietenden Flächen für längere Zeit brachliegen würden.

Praxishinweis
Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ist ein Bebauungsplan nicht allein deswegen anfechtbar, weil bei den darin getroffenen Festsetzungen u. a. auch Interessen Privater Berücksichtigung gefunden haben. Entscheidend ist vielmehr, dass das mit der Bauleitplanung insgesamt angestrebte Ziel den gesetzlichen Erfordernissen des Baugesetzbuchs entspricht. Investoren können somit durchaus im Zuge der Bauleitplanung mit privaten Wünschen an die Gemeinden herantreten und letztere sind nicht gehindert, diese im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten auch zu berücksichtigen und in Festsetzungen umzusetzen.