BGH, Beschluss vom 20.05.2010 – V ZR 201/09 – veröffentlicht in IBR 2010, 614

Entscheidung
Der Käufer eines mit einer Pension bebauten Grundstücks stellt nach dem Kauf einen erheblichen Mangel dieses Objektes fest und zahlt daher einen Teil des Kaufpreises von 89.088,00 € nicht. Als der Verkäufer diesen Restkaufpreis beitreiben will, wehrt sich der Käufer durch die Aufrechnung mit den voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten, für welche er einen Kostenvoranschlag vorlegt. Das OLG München lässt durch einen Sachverständigen zunächst klären, ob die aus dem Kostenvoranschlag ersichtlichen Maßnahmen notwendig sind. Nachdem der Sachverständige dies verneint hat, weist es den Käufer darauf hin, dass bislang kein Beweis für die konkrete Schadenshöhe vorliegt. Daraufhin legt der Käufer ein Privatgutachten vor, welches das OLG aber als unbrauchbar ansieht. Schließlich soll der vom Gericht eingesetzte Gutachter klären, ob weitere von dem Käufer geschilderte Maßnahmen erforderlich sind. Der Sachverständige bejaht dies zum größten Teil; zugleich weist er aber darauf hin, dass für die ordnungsgemäße Mängelbeseitigung noch weitere Maßnahmen erforderlich sind. Die voraussichtlichen Kosten ermittelt er aber ausschließlich für die vom Käufer geschilderten Maßnahmen; diese betragen lediglich 30.752,13 €.

Das OLG gibt auf Basis der Feststellungen des Sachverständigen dem Käufer nur in dieser Höhe recht. Das OLG meint, dass es für die darüber hinausgehenden Maßnahmen an notwendigem Vortrag des Käufers fehlt. Es ist der Auffassung, dass es nicht die Aufgabe des Gerichts oder des (Gerichts-) Sachverständigen ist, die für die Mangelbeseitigung notwendigen Maßnahmen zu ermitteln.

Dem stimmt der BGH nicht zu. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung muss derjenige, der die Mängelbeseitigungskosten geltend macht, lediglich die Mangelerscheinung schildern und die voraussichtlichen Kosten der Beseitigung schätzen. Er muss vor allen Dingen keine Kostenvoranschläge, Privatgutachten oder Sanierungspläne vorlegen. Unabhängig davon, ob der von dem Käufer vorgelegte Kostenvoranschlag oder das später vorgelegte Privatgutachten falsch oder unbrauchbar waren, hätte das Gericht daher den Sachverständigen beauftragen müssen, die für die Mängelbeseitigung objektiv erforderlichen Maßnahmen und die damit verbundenen Kosten zu ermitteln.

Praxishinweis
Für den Prozessvortrag reicht also eine Schätzung der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten aus. Dabei ist auch ein überhöher Betrag unschädlich, soweit sich die Überhöhung in einem vertretbaren Rahmen bewegt, denn der BGH hat auch bereits entschieden, dass das Risiko des Schätzfehlers beim Bauunternehmer (bzw. hier beim Verkäufer) liegt. Allerdings muss die Schätzung schon „Hand und Fuß“ haben und darf nicht „ins Blaue hinein“ erfolgen. Daher empfiehlt sich entweder eine Schätzung durch einen Sachverständigen oder eben doch ein Kostenvoranschlag.