BGH, Urteil vom 18.02.2011 – V ZR 137/10

Dem Eigentümer eines Grundstücks, das entlang der Grundstücksgrenze bebaut ist, steht kein Anspruch auf Vervollständigung des Witterungsschutzes seiner Außenmauer zu, wenn das Nachbargebäude abgerissen und dadurch eine parallel verlaufende Grenzwand beseitigt wird, die dieser Außenmauer bislang Schutz vor Witterungseinflüssen bot.

Bestehen zwei Grenzwände, ist jeder Eigentümer für die auf seinem Grundstück errichtete Wand selbst verantwortlich. Der Vorteil, der sich daraus ergibt, dass eine Außenwand so lange keines oder keines vollständigen Witterungsschutzes bedarf, wie dieser Schutz von der Grenzwand des Nachbargrundstücks geboten wird, wird durch das BGB nicht geschützt.

Anders ist die Rechtslage allerdings, wenn nicht zwei Grenzwände vorhanden sind, sondern eine so genannte Nachbarwand (auch halbscheidige Giebelwand oder Kommunmauer genannt), also eine auf der Grundstücksgrenze stehende Wand, die durch Anbau an beiden Seiten wesentlicher Bestandteil sowohl eines Bauwerks auf dem einen als auch auf dem anderen Grundstück ist. Wer sein an eine gemeinsame Giebelmauer angebautes Haus abreißt, muss nach der Rechtsprechung des BGH für eine ausreichende Feuchtigkeitsisolierung Sorge tragen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so kann der in seinem Nutzungsrecht beeinträchtigte Nachbar gem. §§ 922 Satz 3, 1004 BGB die Isolierung der freigelegten Mauer oder über §§ 812, 818 Abs. 1, 2 BGB die Erstattung der notwendigen Kosten für die Isolierung verlangen.

Praxistipp

Für die Frage, ob bei einem Abriss des Nachbargebäudes ein Anspruch auf Witterungsschutz besteht, muss immer danach differenziert werden, ob es sich um eine Grenzwand oder um eine Nachbarwand handelt. Nur im letzteren Fall besteht ein Anspruch.