BGH, Urteil vom 04.03.2009 – VII ZR 141/07 – veröffentlicht in NZM 2009, 398

Entscheidung
Der BGH hatte über die Zulässigkeit einer Mieterhöhung zu entscheiden, die auf der Grundlage folgender Wertsicherungsklausel vom Vermieter geltend gemacht wurde:

„Sollte sich der vom Bundesamt für Statistik ermittelte Index für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haus-halts (Basis 1980 = 100) gegenüber dem Indexstand vom 01.11.1994 um 10 Punkte oder mehr nach oben oder unten verändern, so verändert sich die Miete vom Zeitpunkt der Veränderungsvoraussetzung an entsprechend. Nach erfolgter Neufestsetzung des Mietzinses wird die vorstehende Wertsicherungsklausel kontinuierlich erneut entsprechend anwendbar, wenn gegenüber dem Indexstand, welcher Anlass für die Neufestsetzung war, erneut eine Änderung um mindestens 10 Punkte nach oben oder unten eingetreten ist.“

Nach Ansicht des BGH kann die Miete, die letztmalig zum 01.01.2000 angepasst worden war, ab dem 01.04.2004 um weitere 6,3 % erhöht werden.

Ausgangslage war, dass der vom Bundesamt für Statistik ermittelte Index für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalts (Basis 1980 = 100) – wie auch alle anderen nach Haushaltstypen differenzierten Preisindizes für die Lebenshaltung – seit dem 01.01.2003 nicht fortgeschrieben wurden. Mit Wegfall des Index ist nach Ansicht des BGH eine Regelungslücke entstanden, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen ist. Dazu ist nach Ansicht des BGH eine Regelung zu finden, welche die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben getroffen hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall eines Wegfalls des von ihnen gewählten Index bedacht hätten. Eine fiktive Fortschreibung des in der Wertsicherungsklausel zugrunde gelegten Index, welcher nicht nur die Preisentwicklung, sondern auch die Veränderung des Warenangebots und des Konsumverhaltens berücksichtigen müsste, ist jedenfalls nicht möglich. Auch könne man nicht davon ausgehen, dass die Parteien automatisch mit Wegfall eines zwischen ihnen vereinbarten Index auf eine automatische Anpassung des vereinbarten Mietzinses verzichten wollen. Vielmehr sei im Sinne der Parteien der Index eines Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalts mit mittlerem Einkommen durch den Index für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland (jetzt Verbraucherpreisindex – „VPI“) zu ersetzen.

Wegen der vereinbarten Punkteregelung hat zur Berechnung der Schwellenwerte – was auch dann gelten soll, wenn an die bisherige Stelle ein neuer Index tritt – eine Umbasierung auf das neue Basisjahr (2000 = 100) zu erfolgen. Verkettungsmonat ist dabei mit Einführung des VPI zum Januar 2000 bereits der Dezember 1999 und nicht erst – mit Wegfall des Index zum Januar 2003 – der Dezember 2002.

Praxishinweis
Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Wertsicherungsklausel ist eine gängige Regelung, die sich in einer Vielzahl von Altverträgen wieder findet. In der Entscheidungsbegründung hat der BGH betont, dass das Statistische Bundesamt zwar auch weitere Indizes herausgibt (Index der Einzelhandelspreise, harmonisierter Verbraucherpreisindex), diese aber im Vergleich zum Verbraucherpreisindex nicht geeignet sind, die Preisentwicklung, welche in einem auf einen bestimmten Haushaltstyp bezogenen Index abgebildet wird, in vergleichbarer Weise nachzuzeichnen. Man wird damit im Allgemeinen davon auszugehen haben, dass, soweit keine abweichenden vertraglichen Regelungen getroffen wurden, die ehemals vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen haushaltsbezogenen Indizes durch den nunmehr geltenden Verbraucherpreisindex „VPI“ ersetzt werden. Damit bedarf es zwar nach Wegfall der haushaltsbezogenen Preisindizes zur Vornahme einer Mietanpassung keiner ausdrücklichen Änderung des Vertrages. Allerdings ist in jedem Fall – schon aus praktischen Gründen – empfehlenswert, eine „Punkteklausel“ durch eine „Prozentklausel“ zu ersetzen, da dann im Fall einer Umstellung auf ein neues Basisjahr keine Umbasierung erforderlich ist.