BGH, Urteil vom 29.04.2009 – VII ZR 66/07 – veröffentlicht in IMR 2009, 234

Entscheidung

Der Kläger hat als Mieter von Gewerberäumen mittels eines nicht im Mietvertrag dokumentierten Baukostenzuschusses erhebliche Investitionen in das Mietobjekt erbracht. Der Beklagte hat das Mietobjekt nachfolgend noch vor Ablauf der im Mietvertrag vorgesehenen Mietzeit im Wege der Zwangsversteigerung erworben und unverzüglich gekündigt. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung bzw. über einen hilfsweise vom Kläger geltend gemachten Bereicherungsanspruch wegen der von ihm erbrachten Investitionen.

Die Kündigung wurde vom BGH bereits aufgrund des Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB für wirksam erachtet. Aufgrund dessen, dass der Erwerber infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses in den Genuss der wertsteigernden Investitionen des Mieters gelangt ist, gesteht der BGH dem Mieter einen dahingehenden Bereicherungsanspruch zu. Dass das Mietverhältnis aufgrund des Schriftformverstoßes innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfrist vorzeitig kündbar war, schließt den Bereicherungsanspruch nach Auffassung des BGH nicht aus.

Bei einem Vermieterwechsel ist der Erwerber, der die Mietsache vorzeitig zurückerhält, Bereicherungsschuldner, nicht der Voreigentümer. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für den rechtsgeschäftlichen Erwerb, sondern auch für den Erwerb durch Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren. Wie weit der Erwerber bereichert ist, bestimmt sich allein an der Höhe des Ertragswertes, den der Erwerber früher als vertraglich vorgesehen durch eine anderweitige Vermietung realisieren kann. Dass es tatsächlich zu einer Neuvermietung kommt, ist jedoch nicht Voraussetzung für einen Bereicherungsanspruch, maßgeblich ist vielmehr die konkrete Vermietbarkeit zu einem höheren als dem bisherigen Mietzins.

Praxishinweis

Der BGH führt mit dieser Entscheidung die in seinem Urteil vom 05.10.2005 (VII ZR 43/02 – NJW-RR 2006, 294) getroffenen Grundsätze fort. Er bestätigt nochmals, dass der Vermieter, der vorzeitig und nicht erst mit Ablauf der vertraglich vorgesehenen Mietzeit in den Genuss der wertsteigernden Investitionen des Mieters gekommen ist, dem Mieter einen Wertersatz zu leisten hat. Neu ist, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn das Mietverhältnis durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren erworben wird.
Ein Mieter, der erhebliche Investitionen auf die Mietsache tätigt, wird durch dieses Urteil vor erheblichen Vermögenseinbußen infolge einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses geschützt.

Der Erwerber einer Immobilie sollte insoweit beachten, dass ihn Bereicherungsansprüche des Mieters im Fall der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses auch dann treffen können, wenn Baukostenvorschüsse im Mietvertrag nicht ausdrücklich geregelt sind.