OLG Brandenburg, Urteil vom 08.04.2009 – 4 U 181/06 – veröffentlicht in IBR-online, Werkstatt-Beitrag vom 15.07.2009

Entscheidung
Der Auftraggeber nimmt den Auftragnehmer wegen Mängeln an dessen Bauarbeiten im Klageweg teilweise auf Mängelbeseitigung, teilweise auf Schadensersatz, hilfsweise Vorschusszahlung in Anspruch.

Vorangegangen war dem Rechtsstreit ein selbständiges Beweisverfahren, in dem die betreffenden Mängel durch Sachverständigengutachten festgestellt worden waren. Das Gericht hatte im Beweisverfahren den Parteien Fristen zur Stellungnahme zu den Sachverständigengutachten gesetzt. Der Auftragnehmer erhob im Klageverfahren gegen die Sachverständigengutachten Einwände, die er im Beweisverfahren nicht erhoben hatte. Das Landgericht wies die Einwände als verspätet zurück.

Das OLG Brandenburg sieht die Einwendungen des Auftragnehmers gegen die im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachten nicht als verspätet an. Der bloße Umstand, dass das Landgericht den Beteiligten im Beweisverfahren Fristen zur Stellungnahme zu den Gutachten gesetzt habe, stehe weitergehenden Einwendungen im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Der Ablauf einer richterlich gesetzten Frist für Einwendungen gegen ein Gutachten oder für die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen (§ 411 Abs. 4 ZPO) könne eine Ausschlusswirkung (Präklusionswirkung) nur dann auslösen, wenn das Gericht die Partei ausdrücklich auf die Folgen der Nichtbeachtung der Frist hingewiesen habe. Daran fehle es im vorliegenden Fall. Eine Ausschlusswirkung könne in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 444 ZPO (Beweisvereitelung) nur dann eingreifen, wenn eine Partei ihr mögliche und zumutbare Einwände im Beweisverfahren nicht erhebe und aus diesem Grund eine spätere Klärung im Rechtsstreit nicht mehr möglich sei. Auch dieser Fall sei vorliegend nicht gegeben.

Praxishinweis
Das Urteil des OLG Brandenburg entspricht der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH IBR 2006, 1092). Eine Ausschlusswirkung kommt nur in Betracht, wenn das Gericht im Beweisverfahren der Partei eine Stellungnahmefrist setzt und zusätzlich auf die Ausschlusswirkung ausdrücklich hinweist oder wenn die Partei ihr mögliche und zumutbare Einwände im Beweisverfahren nicht erhebt und aus diesem Grund eine spätere Klärung im Rechtsstreit nicht mehr möglich ist, weil z. B. zwischenzeitlich Mangelbeseitigungsarbeiten durchgeführt wurden.