OLG Celle, Urteil vom 06.10.2021 – 14 U 39/21

Die Parteien eines Ingenieurvertrages für Technische Ausrüstung streiten über einen Umbauzuschlag. Während im Vertrag, welcher im Jahre 2010 noch unter der Geltung der HOAI 2009 abgeschlossen worden war, in den hierfür vorgesehenen Spalten der Honorarregelung für die Anlagen der Kostengruppe 490 ein Umbauzuschlag von 20 % eingetragen worden war, war für sämtliche anderen Anlagengruppen der technischen Ausrüstung ein Umbauzuschlag von „0 %“ eingetragen worden. Dennoch beanspruchte der Ingenieur letztlich einen Zuschlag von 20 % für alle Anlagengruppen mit der Begründung, dass sowohl aus § 35 Abs. 1 HOAI 2009 als auch aus § 6 Abs. 2 HOAI 2013 (welche aufgrund der stufenweisen Beauftragung für die Honorare ab LPH 5 Anwendung fand) ein Mindestzuschlag bei Umbauten von 20 % hervorgehe, 20 % mithin die Untergrenze des Umbauzuschlages darstellten. Wenn bereits dann, wenn die Parteien gar keine schriftliche Vereinbarung zum Umbauzuschlag treffen, ein Zuschlag von 20 % gilt, dann müsse dies erst recht gelten, wenn die Parteien in ihrer Honorarvereinbarung die 20 % unterschreiten.

Entscheidung des OLG Hamm

Entsprechend der zwischenzeitlich insoweit herrschenden Meinung wurde dies vom OLG Celle eindeutig verneint. Die Parteien haben im Vertrag durch die Angabe von „0 %“ beim Umbauzuschlag eine eindeutige vertragliche Vereinbarung getroffen. An diese Vereinbarung sind sie – so das OLG Celle – gebunden. Weder die HOAI 2009 noch die HOAI 2013 stehen der Wirksamkeit dieser Vereinbarung entgegen. Die Regelungen der § 35 Abs. 1 HOAI 2009/ § 6 Abs. 2 HOAI 2013 geben keine Untergrenze für einen Umbauzuschlag vor, sondern enthalten lediglich als Auffangtatbestand die Fiktion, dass dann ein Zuschlag von 20 % gilt, wenn die Parteien überhaupt keine schriftliche Vereinbarung getroffen haben. Es steht den Parteien dennoch frei, im Rahmen ihrer Privatautonomie auch einen geringeren Umbauzuschlag als 20 % zu vereinbaren. Dies haben die Parteien hier getan. Weder der Wortlaut noch eine Auslegung nach Sinn und Zweck der HOAI-Norm lassen erkennen, warum es den Parteien daher nicht möglich sein sollte, einen geringeren Umbauzuschlag zu vereinbaren.

Dies – darauf weist das OLG Celle hin – geht auch aus der amtlichen Begründung zur HOAI 2013 (BR-Drucksache 334/13, S. 141) hervor, wo es zu § 6 Abs 2 heißt: „§ 6 Abs. 2 Satz 4 gibt allerdings keinen Mindestwert vor. Die Höhe des Zuschlags ist im Wege einer schriftlichen Vereinbarung bei Auftragserteilung frei vereinbar. Es steht den Vertragsparteien wie bisher auch frei, bei Auftragserteilung einen Zuschlag von weniger als 20 Prozent zu vereinbaren.“

Auch die derzeit durch das Urteil des EuGH vom 14.07.2019 bestehende Diskussion um die Bindung an die Mindestsätze der HOAI ist – so das OLG Celle – vorliegend nicht relevant, weil die Umbauzuschläge keinen Mindestsatz sichern sollen, sondern es sich um einen Zuschlag handelt, der aufgrund erhöhtem Leistungsaufwand bei Umbauten und Modernisierungen im Gegensatz zu Neubauten nach den Erfahrungen erforderlich ist.

Praxistipp

Das OLG Celle betont, dass der Umbauzuschlag nicht „mindestsatzrelevant“ ist, d.h. bei den Mindestsätzen gemäß HOAI keine Rolle spielt. Seit Inkrafttreten der HOAI 2021 zum 01.01.2021 sind für die seitdem abgeschlossenen Verträge die Mindestsätze der HOAI (= jetzt Basishonorarsatz) ohnehin nicht mehr zwingend einzuhalten, sondern lediglich noch unverbindliche „Orientierungswerte“, § 2a Abs. 1 HOAI 2021.

Die Fiktion des Umbauzuschlags von 20% bei fehlender wirksamer Honorarvereinbarung besteht gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 HOAI 2021 jedoch unverändert fort. Auch wenn eine Honorarvereinbarung heute nicht mehr in strenger Schriftform durch einen beidseitig unterzeichneten Vertrag und bei Auftragserteilung zustande kommen muss, um wirksam zu sein, sondern eine Vereinbarung in Textform (insb. Schreiben, Fax, E-Mail) ausreichend ist, und diese auch noch nachträglich getroffen werden kann, ist dringend anzuraten, eine solche Vereinbarung zum Umbauzuschlag auch tatsächlich in Textform zu treffen. Denn fehlt diese, gilt auch weiterhin ein Zuschlag von 20 % ab einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad (= ab Honorarzone III, bei TGA ab Honorarzone II) automatisch als vereinbart.

Hinsichtlich der Höhe des Umbauzuschlags sind die Parteien bei ihrer Vereinbarung, sofern die Textform gewahrt wird, frei. Auch die Vereinbarung eines Zuschlags von „0 %“ ist möglich.

Rechtsanwältin Alexandra Riemann

Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht