OLG Hamm, Urteil vom 9.11.2010  – 19 U 38/10 – veröffentlicht in NJW Spezial; Heft 01/2011, S. 13

Entscheidung
Ein Bauträger beauftragte einen Planer mit der Erbringung der Tragwerksplanung für ein Bauvorhaben, das die Herstellung von 27 nahezu baugleichen Häusern zum Gegenstand hatte. Die Häuser wurden nach Fertigstellung bestimmungsgemäß an Dritte veräußert. Nach der Übergabe traten Risse im Mauerwerk auf, woraufhin die Erwerber der Häuser den Bauträger auf Mangelbeseitigung in Anspruch nehmen. Dieser verlangt daraufhin von dem Tragwerksplaner die hierfür erforderlichen Kosten im Wege des Schadensersatzes. Der Tragwerksplaner wendet ein, dass bei korrekter Planung die Decken der Gebäude acht Zentimeter stärker hätten ausgeführt werden müssen und die entsprechenden Mehrbaukosten als Sowieso-Kosten von der Schadensersatzforderung abzuziehen seien.

Das OLG Hamm hat der Klage stattgegeben und den Tragwerksplaner zu umfassendem Schadenersatz ohne Abzug der geltend gemachten Sowieso-Kosten verurteilt.

Nach Auffassung des Gerichts sind die geltend gemachten Sowieso-Kosten vorliegend nicht berücksichtigungsfähig, weil dem Auftraggeber auch bei von Beginn an korrekter statischer Berechnung durch den Tragwerksplaner keine Mehrkosten entstanden wären, mit denen der Auftraggeber endgültig belastet geblieben wäre. Im vorliegenden Fall konnte der Auftraggeber erfolgreich darlegen, dass er die durch eine stärkere Dimensionierung der Decken verursachten Mehrkosten bei der Preisgestaltung hätte berücksichtigen können und die Mehrkosten über den Kaufpreis an die jeweiligen Erwerber hätte weitergeben können. Den Vortrag des Auftraggebers, wonach sich die Mehrkosten pro Gebäude auf lediglich 1200,00 € belaufen hätten und die jeweiligen Erwerber angesichts der Geringfügigkeit im Vergleich zum Gesamtkaufpreis ohne Weiteres eine entsprechende Preissteigerung akzeptiert hätten, konnte der beklagte Tragwerksplaner nicht widerlegen. Da es dem Schädiger obliegt, die Voraussetzungen für die Berücksichtigungsfähigkeit von Mehrkosten als Sowieso-Kosten darzulegen und zu beweisen, war der Tragwerksplaner zur Zahlung von Schadensersatz in voller Höhe zu verurteilen.

Praxishinweis
Die Entscheidung macht deutlich, dass Sowieso-Kosten allenfalls dann vom Mangelverursacher schadensmindernd geltend gemacht werden können, wenn der Auftraggeber diese letztlich von Vornherein hätte tragen müssen. Die vorstehende Entscheidung ist mithin auf sämtliche Konstellationen zu übertragen, in denen der Auftraggeber die zusätzlichen Kosten zur Erbringung einer mangelfreien Leistung nachträglich nicht mehr auf den erwerbenden Dritten bzw. den Bauherrn abwälzen kann. So hat der BGH bereits 1989 (NJW-RR 1990, 89) entschieden, dass ein Generalunternehmer, der von seinem Subunternehmer wegen eines Planungsfehlers Schadensersatz verlangen kann, aber gehindert ist, die bei der Mangelbeseitigung entstehenden Sowieso-Kosten seinem Auftraggeber in Rechnung zu stellen, weil mit diesem ein Pauschalfestpreis vereinbart worden ist, sich diese Sowieso-Kosten nicht im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen muss.