OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2019 – 23 U 208/18; BGH, Beschluss vom 17.06.2020 – VII ZR 272/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Das OLG Düsseldorf beschäftigt sich in seinem Urteil einmal mehr mit der Frage der Prüf- und Hinweispflichten des Bauunternehmers.

Der Bauherr beauftragte bei einem Neubau einen Fensterbauer mit der Lieferung von Fenstern und deren Einbau. Die Innenputzarbeiten wurden von einem anderen Bauunternehmer ausgeführt. Nach der Fertigstellung stellte sich heraus, dass sich sechs Schrägfenster nur um ca. 50 Grad öffnen ließen. Ursächlich hierfür war, dass der Fensterbauer die Winddichtigkeitsfolie auf die Blendrahmen der Fenster aufgeklebt habe, wodurch der Putzauftrag des Verputzers den Öffnungswinkel der Fenster beeinträchtigte. Der Bauherr verklagt den Fensterbauer auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung. Der wendet ein, seine eigene Leistung sei mangelfrei, vielmehr beeinträchtige allein das Verputzergewerk die Fenster in ihrer Funktion.

 

Urteil

Der Senat gibt dem Bauherrn Recht. Die Leistungen des Fensterbauers waren mangelhaft, weil sie die für den Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht erfüllen. Zwar sei es in der Regel tatsächlich nicht die Aufgabe des Vorunternehmers, auf eine hinreichende Koordinierung mit den Folgearbeiten hinzuwirken. Anderes gelte hingegen, wenn der Vorunternehmer mit eventuellen Risiken rechnen muss, beispielsweise weil dem nachfolgenden Unternehmer nicht hinreichend bekannt ist, welche Materialien von dem Vorunternehmer verwandt worden sind (OLG Bamberg, Beschluss vom 23.11.2005 – 4 U 182/05) oder – wie hier – seine Leistung als Grundlage für die auf ihr aufbauenden Nachfolgeleistungen erkennbar nicht geeignet ist.

Der Bauunternehmer sei dann ausnahmsweise verpflichtet, den nachfolgenden Handwerker darauf hinzuweisen, wie bei dessen Arbeiten verfahren werden muss (so auch OLG München, Urteil vom 17.07.2012 – 3 U 658/11; OLG Zweibrücken, Urteil vom 02.05.2011 – 7 U 77/09; BGH, Urteil vom 19.05.2011 – VII ZR 24/08). Eine Hinweispflicht sei immer dann anzunehmen, wenn erkennbar die Gefahr besteht, dass der Nachfolgeunternehmer auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik nicht erkennen kann, ob die Vorleistung des anderen Unternehmers für ihn eine geeignete Arbeitsgrundlage ist.

 

Praxistipp

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass sich der Bauunternehmer nicht „blind“ auf die Ausführung seines eigenen Gewerks beschränken darf. Die Funktionstauglichkeit des Gesamtwerks muss immer im Blick gehalten werden. Dass den Bauunternehmer eine Hinweispflicht für mangelhafte Vorarbeiten trifft (§ 4 Abs. 3 VOB/B), ist hinlänglich bekannt. Darüber hinaus muss der Bauunternehmer nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf proaktiv auch den Nachfolgeunternehmer (oder die Objektüberwachung) darauf hinweisen, wenn seien eigene Leistung ggf. keine geeignete Arbeitsgrundlage für den Nachfolgeunternehmer darstellt. Dass die Objektüberwachung im hiesigen Fall für die Verletzung ihrer Koordinationspflicht für den Schaden mithaftet, war keine Überraschung.

 

Rechtsanwalt Fritz Zelta

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht