BGH, Urteil vom 16.06.2009 – XI ZR 145/08 – veröffentlicht in IBR 2009, 514

Entscheidung
Ein vom Auftraggeber vorformulierter Werkvertrag enthielt die Vereinbarung eines Einbehalts zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen, der durch Stellung einer Bürgschaft abgelöst werden konnte. Es war ferner vereinbart, dass die Bürgschaft „den Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage (§§ 768, 770, 771) und den Verzicht auf das Recht der Hinterlegung enthalten“ müsse. Dem vertragsgegenständlichen Verhandlungsprotokoll war als Anlage ein ebenfalls vom Auftraggeber vorformuliertes Muster einer Gewährleistungsbürgschaft beigefügt, das den Verzicht auf „sämtliche Einwendungen und Einreden, insbesondere auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß §§ 768, 770,771 BGB“ vorsah. Der Auftragnehmer stellte dem Auftraggeber zur Ablösung des Sicherheitseinhalts eine Gewährleistungsbürgschaft mit entsprechendem Inhalt. Nach dem Auftreten von Mängeln nahm der Auftraggeber die Bürgschaft in Anspruch.

Der BGH hat in letzter Instanz das Bestehen eines Bürgschaftsanspruchs verneint. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, wonach der Auftragnehmer einen Sicherheitseinbehalt nur gegen Stellung einer Bürgschaft ablösen könne, die den Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB enthalte, benachteilige den Auftragnehmer unangemessen und sei nach § 9 Abs. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Sicherungsvereinbarung sei in Zusammenschau mit dem in dem Bürgschaftsformular enthaltenen umfassenden Einredeverzicht so zu verstehen, dass nach dem Inhalt der Sicherungsvereinbarung eine Bürgschaft mit umfassendem Einredeverzicht zu stellen war. Die unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers führe dazu, dass die Sicherungsvereinbarung insgesamt unwirksam sei. Anders als bei einer Vertragserfüllungsbürgschaft bilde eine formularmäßige Vereinbarung zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine Gewährleistungsbürgschaft eine untrennbare konzeptionelle Einheit. Eine ergänzende Auslegung der Sicherungsvereinbarung dahingehend, dass zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts eine Bürgschaft ohne umfassenden Einredeverzicht zu stellen sei, komme nicht in Betracht.

Praxishinweis
Die vorstehende BGH-Entscheidung ist von dem BGH-Urteil vom 12.02.2009 – VII ZR 39/98 – veröffentlicht in IBR 2009, 199 (kommentiert in MEK Aktuell 02.2009, Seite 4) abzugrenzen. Die dortige Entscheidung betraf die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft mit umfassendem Einredeverzicht. In diesem Fall hatte der BGH mangels Vorliegen einer konzeptionellen Einheit eine Gesamtunwirksamkeit der Sicherungsvereinbarung verneint.