Am 01.01.2021 ist die neue HOAI 2021 in Kraft getreten. Sie findet damit für alle Vertragsverhältnisse Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2020 begründet werden (§ 57 Abs. 2 HOAI 2021). Anlass der Novellierung war das von der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Bundesrepublik Deutschland geführte Vertragsverletzungsverfahren, welches mit dem Urteil des Europäische Gerichtshof vom 04.07.2019 (EuGH, Rs. C-377/17) endete, wonach Deutschland mit seiner HOAI in der bisherigen Fassung und deren verbindlichen Höchst- und Mindesthonoraren gegen die europäische Dienstleistungsrichtlinie verstößt. Die Preisbindung der HOAI musste daher vom deutschen Staat aufgehoben bzw. an die europarechtlichen Maßgaben angepasst werden. Dem ist der Verordnungsgeber jetzt mit der Novellierung der HOAI nachgekommen. Mindest- und Höchstsätze müssen jetzt bei der Vereinbarung eines Honorars für Architekten und Ingenieure nicht mehr zwingend eingehalten werden, die HOAI gibt vielmehr nur noch eine Preisorientierung, die der Honorarvereinbarung zugrunde gelegt werden kann (§ 1 Satz 2 HOAI 2021). Die HOAI spricht folglich auch nur noch von Basishonorarsatz und oberem Honorarsatz, bei den Honorartafeln handelt es sich ausdrücklich nur noch um Orientierungswerte.
Auch das strenge Formerfordernis, wonach Honorarvereinbarungen schriftlich (d.h. beidseitigig unterzeichnet auf einer Urkunde) und spätestens bei Auftragserteilung zu erfolgen hatten, was zur Unwirksamkeit zahlreicher Honorarvereinbarungen führte, wurde aufgehoben. Künftig reicht die Textform gemäß § 126b BGB, d.h. auch z.B. mittels E-Mail kann eine Honorarvereinbarung wirksam zustande kommen, und dies unabhänging vom Zeitpunkt, also auch nachträglich. Allerdings hat der Verordnungsgeber weiterhin daran festgehalten, dass dann, wenn es an einer Honorarvereinbarung ganz fehlt, oder diese nicht in Textform erfolgt ist, für Grundleistungen automatisch das sich nach der HOAI ergebende Basis(=bisher Mindest)honorar als vereinbart gilt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2021). Gleiches gilt zudem jetzt auch zum Zwecke des Verbraucherschutzes, wenn ein Architekt oder Ingenieur einen Verbraucher als seinen Auftraggeber nicht über die Möglichkeit der freien Vereinbarung eines Honorars ober- und unterhalb der Honorartafeln der HOAI aufklärt.
Auch wenn neben wenigen textlichen Änderungen Systematik und Honorarstruktur der HOAI 2021 im Übrigen unverändert geblieben sind, wird der Honorarkalkulation, -verhandlung und letztlich damit auch der vertraglichen Gestaltung in jedem Fall künftig eine größere Bedeutung zukommen. Seien Sie gewappnet! Selbstverständlich beraten wir Sie gerne.
Die Frage zur Geltung der Mindest- und Höchstsätze für Verträge, die bis zum 31.12.2020, d.h. noch unter der Geltung von HOAI 2009 und 2013 geschlossen wurden, ist durch die Novellierung jedoch nicht geklärt. Hierzu besteht weiterhin Rechtsunsichterheit und mit einer Entscheidung des EuGH ist frühestens Ende des Jahres zu rechnen.
Praxistipp:
Trotz der Relativierung der Formanforderung für eine wirksame Honorarvereinbarung vom bislang strengen Schriftformerfordernis zu einem Textformerfordernis, ist auf eine schriftliche Fixierung der Honorarvereinbarung weiterhin strikt zu achten. Dies gilt vor allem, wenn man vom Mindesatz (jetzt Basishonorarsatz) – sei es nach oben oder unten – abweichen will. Zwar müssen jetzt nicht mehr zwingend beide Unterschriften der Vertragspartner auf einer Urkunde vereint sein. Textform nach § 126b BGB heißt, dass eine lesbare Erklärung, die den Erklärenden ausweist, auf einem dauerhaft lesbaren Datenträger vorliegen muss. E-Mail, pdf oder Fax sind daher ausreichend, sofern der Absender erkennbar ist. Mündliche Honorarvereinbarungen sind damit jedoch weiterhin unwirksam. Fehlt die Textform, gilt vielmehr auch jetzt weiterhin nach § 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2021 für die Grundleistungen automatisch der Basishonorarsatz, d.h. Mindestsatz, als vereinbart. Auch wenn Abweichendes besprochen war, kann sich der Vertragspartner mithin auf den Mindestsatz berufen. Ein beidseitiges schriftliches Festhalten des Besprochenen, und wenn nur per E-Mail, ist daher auch unter der HOAI 2021 dringend geboten.
Rechtsanwältin Alexandra Riemann
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
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