OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2009 – 22 U 135/08 – veröffentlicht in IBR 2009, 375
Entscheidung
Der AN erhält den Auftrag für Lieferung und Einbau von drei Aufzugsanlagen. Unter Einbeziehung der VOB/B vereinbaren die Parteien Leistung „auf Abruf“; der Vertrag nennt als Lieferzeit „ca. Mitte 08.03“. Im September 2003 liefert der AN das Material an die Baustelle und lagert es dort ein. Obwohl der AN den AG schließlich unter Fristsetzung bis zum 26.01.2005 auffordert, ihm Gelegenheit zum Einbau zu geben, erfolgt der Abruf der Leistungen nicht. Im Februar 2005 wird das eingelagerte Material gestohlen. Der AN kündigt den Vertrag und rechnet das gelieferte und gestohlene Material als erbrachte Leistungen ab. Der AG weist dies mit Hinweis auf die Vereinbarung „auf Abruf“ zurück. Er ist der Auffassung, er habe den Termin des Abrufs frei bestimmen können, so dass dem AN weder ein Kündigungsrecht zugestanden habe, noch die Gefahr für das gestohlene Material auf den AG übergegangen sei.
Das OLG Düsseldorf teilt diese Auffassung nicht. Auch bei der Vereinbarung einer Leistung „auf Abruf“ im Sinne von § 5 Nr. 2 VOB/B ist der AG nicht völlig frei in der Bestimmung der Leistungszeit; vor allem darf er die Leistung nicht auf unbestimmte Zeit hinausschieben. Im konkreten Fall führt die Angabe der Lieferzeit „ca. Mitte 08.03“ im Zusammenhang mit der Leistung „auf Abruf“ zwar nicht dazu, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die Leistung erbracht werden durfte. Die Vereinbarung „auf Abruf“ hat nämlich genau den Sinn, im Bau häufig vorkommende Verzögerungen berücksichtigen zu können. Doch auch vor diesem Hintergrund durfte der AN jedenfalls damit rechnen, die Leistungen spätestens Ende des Jahres 2004 erbringen zu können. Damit befand sich der AG Anfang 2005 in Annahmeverzug. Folge ist gem. § 644 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs (z. B. des Diebstahls) auf den AG überging.
Außerdem konnte der AN gem. § 9 Nr. 1 a VOB/B den Vertrag kündigen und gem. § 9 Nr. 3 VOB/B das gestohlene Material abrechnen.
Praxishinweis
Angesichts der Angabe der Lieferzeit im Vertrag wäre voraussichtlich auch schon früher Fälligkeit eingetreten und nicht erst Ende 2004 und damit ca. ein Jahr und vier Monate später. Aber auch völlig ohne Angabe eines Liefertermins kommt es darauf an, mit welcher Zeitspanne der AN angesichts des konkreten Bauvorhabens unter Berücksichtigung der „häufig vorkommenden Verzögerungen“ rechnen muss. Empfehlenswert für beide Parteien ist es jedoch, in solchen Fällen eine maximale Zeitspanne ausdrücklich zu vereinbaren.
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