Das Bundeskabinett hat am 18.02.2009 den „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ beschlossen.
Der Bundesrat hat am 03.04.2009 hierzu Stellung genommen. Der Gesetzentwurf wird derzeit im Bundestag verhandelt. Das Änderungsgesetz betrifft die Generalunternehmerhaftung für die Verpflichtung des Nachunternehmers zur Abführung von Sozialabgaben.
Ein Bauunternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt, haftet wie ein selbstschuldnerischer Bürge dafür, dass dieser Unternehmer oder ein von diesem Unternehmer beauftragter Verleiher seine Pflicht zur Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags für die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer an die Einzugsstelle erfüllt
(§ 28e Abs. 3a Satz 1 SGB IV). Das gilt auch für die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (§ 150 Abs. 3 SGB VII).
a)
Die Generalunternehmerhaftung besteht nach derzeit geltendem Recht für Bauvorhaben ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von € 500.000,00 (§ 28e Abs. 3d Satz 1 SGB IV a.F.). Eine Untergrenze ist für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung derzeit nicht gesetzlich geregelt.
Nach der Neuregelung im Gesetzentwurf wird die Untergrenze auf € 275.000,00 abgesenkt (§ 28e Abs. 3d Satz 1 SGB IV n.F.). Die Untergrenze gilt dann auch für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (§ 150 Abs. 3 Satz 1 SGB VII n.F.). Damit wird die Generalunternehmerhaftung für den Gesamtversicherungsbeitrag und den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung vereinheitlicht.
b)
Die Haftung entfällt, wenn der Generalunternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt (§ 28e Abs. 3b SGB IV). Die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises ist für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung derzeit ebenso wenig gesetzlich geregelt wie die Frage, wie der Entlastungsbeweis zu führen ist.
Der Nachweis erfolgt üblicherweise dadurch, dass der Generalunternehmer sich vom Nachunternehmer Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstelle vorlegen lässt und diese zu seiner Entlastung verwendet.
Nach der Neuregelung im Gesetzentwurf ist ein Verschulden des Generalunternehmers ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine diesen betreffende „Präqualifikation“ nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 8 VOB/A 2006 erfüllt (§ 28e Abs. 3b SGB IV n.F.). Dies gilt auch für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (§ 150 Abs. 3 Satz 1 SGB VII n.F.).
Der Generalunternehmer kann den Nachweis anstelle der Präqualifikation auch durch Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der zuständigen Einzugsstelle für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen (§ 28e Abs. 3f Satz 1 SGB IV n.F.). Für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung enthält der Gesetzentwurf die Regelung, dass der Nachunternehmer oder der von diesem beauftragte Verleiher eine qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Unfallversicherungsträgers vorzulegen hat (§ 150 Abs. 3 Satz 2 SGB VII n.F.).
Bei der „Präqualifikation“ handelt es sich um eine vorverlagerte Eignungsprüfung, bei der potenzielle Auftragnehmer unabhängig von einer konkreten Ausschreibung ihre Fachkunde und Leistungsfähigkeit auf der Basis der in § 8 VOB/A 2006 definierten Anforderungen und ggf. zusätzlicher Kriterien vorab nachweisen. Die Durchführung der Präqualifikation von Bauunternehmen erfolgt nach der „Leitlinie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für die Durchführung eines Präqualifizierungsverfahrens“ vom 25.04.2005 in der Fassung vom 14.09.2007.
Die Präqualifizierung wird von Präqualifizierungsstellen – d.h. von unabhängigen privaten Unternehmen, die vom „Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V.“ beauftragt und überwacht werden – durchgeführt. Das betreffende Bauunternehmen wird, wenn es das Präqualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen hat, in die vom „Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V.“ bundesweit einheitliche und im Internet unter „www.pq-verein.de“ abrufbare Liste präqualifizierter Unternehmen (Präqualifikationsverzeichnis) aufgenommen und kann sich in nachfolgenden Vergabeverfahren zum Nachweis seiner Eignung hierauf berufen.
Die am 01.11.2006 in Kraft getretene VOB/A 2006 sieht in § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 erstmals vor, dass alle öffentlichen Auftraggeber als Nachweis der Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) die vom Auftraggeber direkt abrufbare Eintragung des Bieters in das Präqualifikationsverzeichnis verbindlich anerkennen. In der VOB/A in ihrer am 25.11.2008 beschlossenen und voraussichtlich Mitte 2009 in Kraft tretenden Fassung (VOB/A 2009) wird dies in § 6 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 fortgeführt und präzisiert. Seit dem 01.10.2008 ist die Präqualifikation verbindliche Voraussetzung für die Teilnahme an freihändigen und beschränkten Vergabeverfahren für Hochbauaufträge des Bundes (Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 17.01.2008, ergänzt durch Erlass vom 05.09.2008, 27.01.2009 und 17.02.2009).
Die ursprünglich für den Eignungsnachweis in öffentlichen Vergabeverfahren entwickelte Präqualifikation wird durch die geplanten Änderungen im Vierten und Siebten Buch Sozialgesetzbuch auch für den Entlastungsnachweis des Generalunternehmers nutzbar gemacht. Dies hat in der Bauwirtschaft Zustimmung erfahren, da die Einbeziehung des Präqualifikationsverfahrens in die Generalunternehmerhaftung zu einer Vereinfachung und zu einem Abbau bürokratischer Lasten für die Bauwirtschaft in Deutschland führen werde (Presseinformation des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe vom 18.02.2009).
Das Inkrafttreten des Änderungsgesetzes ist für den 01.10.2009 geplant. Die Neuregelungen finden nur auf Generalunternehmerverträge Anwendung, die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen werden. Wenn der Generalunternehmer mit der Erbringung der Bauleistungen vor dem 01.10.2009 beauftragt wurde, finden die bisherigen Regelungen weiter Anwendung (§ 116a SGB IV n.F.).
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