BGH, Urteil vom 09.12.2010 – VII ZR 206/09 – veröffentlicht in NZM 2011, 128
Entscheidung
Ein Notar beurkundete einen Grundstückskauf- und Werkvertrag, mit dem ein Bauträger sich gegenüber Erwerbern zur schlüsselfertigen Errichtung eines Wohnhauses und Übereignung des Hausgrundstücks verpflichtete. Die erste Rate in Höhe von 96,5 % des Erwerbspreises war 14 Tage nach Mitteilung des Notars über a) die Rechtswirksamkeit des Vertrages, b) die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Erwerber, c) die Sicherung der Lastenfreiheit, d) das Vorliegen der zum Vollzug des Vertrages erforderlichen Genehmigungen und e) der Bezugsfertigkeit des Kerngrundstücks einschließlich der Erbringung der Fassadenarbeiten fällig. Die vorstehend unter lit. b), c) und d) genannten Fälligkeitsvoraussetzungen konnten durch Übergabe einer Bankbürgschaft in Höhe des Erwerbspreises, die den Anforderungen des § 7 MaBV entsprach, ersetzt werden. Die Bürgschaft war vom Notar treuhänderisch zu verwahren und zugleich mit dem Eintritt der letzten der unter lit. b), c) und d) genannten Bedingungen zurückzugeben. Der Bauträger stellte eine entsprechende Bürgschaft. Der Notar nahm diese in Verwahrung und gab sie, nachdem die Abnahme des Kaufobjekts stattgefunden und ein von den Vertragsparteien hinzugezogener Sachverständiger die Bezugsfertigkeit des Objekts festgestellt hatte, an den Bürgen zurück. Die Erwerber nahmen den Notar klageweise auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie ihre Ansprüche aus Mängeln, die sie bei der Abnahme vorbehalten hatten, gegen den Bauträger infolge von dessen zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz nicht mehr durchsetzen konnten und sie infolge der Rückgabe der Bürgschaft durch den Notar auch nicht mehr den Bürgen wegen der Mängel in Anspruch nehmen konnten.
Der BGH hat die Klage in letzter Instanz abgewiesen. Er hat das Vorliegen eines Schadens der Erwerber verneint. Selbst wenn der Notar die Bürgschaft nicht zurückgegeben hätte, hätte nach Ansicht des BGH eine Inanspruchnahme des Bürgen wegen Mängeln keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Zwar sichert nach Auffassung des BGH eine Bürgschaft nach § 7 MaBV nach deren Schutzzweck grundsätzlich auch Mängelansprüche des Erwerbers gegen den Bauträger. Dies gelte jedoch nur dann, wenn der Erwerber nach den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Bauträger abweichend vom dispositiven Gesetzesrecht des § 641 Abs. 1 BGB und den Vorgaben des § 3 Abs. 2 MaBV Vorauszahlungen auf den Erwerbspreis zu erbringen habe, ohne dass Bauleistungen erbracht worden seien. Im vorliegenden Fall hätten die Erwerber jedoch den Erwerbspreis entsprechend den Vorgaben des § 3 Abs. 2 MaBV nach Baufortschritt entrichten sollen. Die Bürgschaft sei nur für den Fall vorgesehen gewesen, dass der Baufortschritt für die erste Rate erreicht sei, aber die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 – 4 MaBV genannten Voraussetzungen für die Kaufpreisfälligkeit noch nicht vorlägen. Die Bürgschaft habe deshalb nur die damit verbundenen Risiken, nicht aber Ansprüche der Erwerber wegen mangelhafter Bauleistungen gesichert. Wenn die Bauleistungen mangelhaft seien, hätten die Erwerber ihr gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 BGB ausüben und einen entsprechenden Teil der Vergütung einbehalten oder mit Schadensersatzansprüchen die Aufrechnung gegen die Kaufpreisforderung des Bauträgers erklären können.
Praxishinweis
Der BGH hat in der vorliegenden Grundsatzentscheidung erstmals den Fall behandelt, dass eine Bürgschaft nach § 7 MaBV nicht hingegeben wird, um den Bauträger von den Fälligkeitsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 2 MaBV (Bautenstand), sondern ausschließlich von den Fälligkeitsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 – 4 MaBV zu befreien. In einem solchen Fall sichert die Bürgschaft keine Mängelansprüche des Erwerbers. Der Bürgschaftsumfang bestimmt sich im konkreten Fall nicht allein aus dem Bürgschaftstext, sondern nach Sinn und Zweck der Bürgschaft in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Bauträgervertrag.
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