BGH, Urteil vom 06.05.2009 – XII ZR 137/07 – veröffentlicht in NJW 2009, 1947
Entscheidung
In einem Gewerbemietvertrag war vorgesehen, dass der Mieter Warmwasser und Heizleistung nicht direkt von den Versorgungsunternehmen, sondern vom Vermieter bezieht. Nach einem Streit über die Verpflichtung des Vermieters zur Erstellung von Nebenkostenabrechnungen stellte der Mieter zunächst die Zahlung der Nebenkostenvorauszahlungen, später auch die Zahlung der Grundmiete ein. Im Laufe der Jahre kündigte der Vermieter das Mietverhältnis mehrfach wegen Zahlungsverzuges und machte die Räumung gerichtlich geltend. Schließlich drohte der Vermieter dem Mieter an, die Versorgung der Mieträume mit Heizenergie einzustellen.
Zu Recht!
Der BGH hat entgegen der bisher überwiegend vertretenen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur festgestellt, dass der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr verpflichtet ist, die Versorgung des Mieters mit Heizenergie aufrechtzuerhalten. Zwar stehen auch dem unrechtmäßigen Besitzer grundsätzlich Besitzschutzrechte zu, jedoch dienen diese allein zur Abwehr von Störungen. Aus dem Besitz als reiner Sachherrschaft folgt aber kein Anspruch auf eine bestimmte Nutzung, also z. B. die Belieferung mit Versorgungsleistungen. Die Sachlage sei vergleichbar mit der Einstellung von Leistungen durch Versorgungsunternehmen, die auch schon bisher nicht als Besitzverletzung angesehen worden waren.
Einen Anspruch auf Fortsetzung von Versorgungsleistungen kann der Mieter daher nur aus dem Mietverhältnis oder – nach dessen Beendigung – im Einzelfall aus Treu und Glauben herleiten. Die Grenze der Zumutbarkeit der Belieferungspflicht sei aber jedenfalls dann erreicht, wenn der Vermieter kein Entgelt für die Belieferung erhalte und ihm, wegen seiner eigenen Verpflichtung zur Zahlung an die Versorgungsunternehmen, ein Schaden drohe.
Praxishinweis
Voraussetzung dafür, dass der Vermieter Versorgungsleistungen einstellen kann, ist, dass das Mietverhältnis wirksam gekündigt ist, der Vermieter keine Zahlungen auf die Versorgungsleistungen erhält, aber selbst zur Zahlung an die Versorgungsunternehmen verpflichtet bleibt und die Einstellung der Versorgung so frühzeitig ankündigt, dass der Mieter sich darauf einstellen kann. Praktische Probleme der Versorgungseinstellung können sich dadurch ergeben, dass eine Absperrung der Versorgung häufig nur innerhalb der Mieträume möglich ist, zu denen der Vermieter nur in Ausnahmefällen ein Zutrittsrecht hat.
Im Übrigen ist die Entscheidung des BGH nur zum Gewerbemietrecht ergangen. Ob sie auch auf Wohnungsmietverhältnisse anwendbar ist, ist fraglich. Zwar hat der BGH dies ausdrücklich offen gelassen, jedoch dürften die besonderen Mieterschutzvorschriften, vor allem der Räumungsschutz nach §§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, 721, 765a, 794a ZPO, im Wohnungsmietrecht zu einer auch nachvertraglichen Versorgungspflicht mindestens bis zum Ablauf einer eventuellen Räumungsfrist führen.
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