Das Problem der Mietminderung während Corona-Lockdown verliert nicht an Aktualität. Im Mittelpunkt steht nach wie vor die BGH-Entscheidung vom 12.01.2022 (Az.: XII ZR 8/21), die bereits in unserem Januar-Newsletter ausführlich besprochen wurde.
Mit dieser Entscheidung hat der BGH den Anspruch des Mieters auf Anpassung eines Gewerbemietvertrages bejaht und festgelegt, dass Risikoaufteilung nicht pauschal (50:50), sondern einzelfallbezogen zu erfolgen ist: der Mieter von gewerblich genutzten Räumen kann den Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB also nur dann erfolgreich geltend machen, wenn er ganz genau darlegen kann, welche Nachteile ihm endgültig durch die Geschäftsschließung entstanden sind.
Das OLG Frankfurt am Main hat mit seinem Beschluss vom 18.02.2022, Az.: 2 U 138/21 den Anwendungsbereich des Anspruches aus § 313 BGB erweitert und bestätigt, dass nicht nur unmittelbare Wirkung staatlicher Maßnahmen (wie etwa Schließungsanordnung im Hinblick auf Handelbetreib) einen Anspruch auf Anpassung des Mietzinses wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage begründen kann: auch bei mittelbaren Auswirkungen stattlicher Corona-Maßnahmen ist Mietanpassung möglich, wenn diese Maßnahmen zu einer erheblichen Veränderung des Verhaltens der Bevölkerung führen.
In dem diesem Beschluss zugrunde gelegten Fall ging es um einen Reinigungsbetrieb, der im Frühjahr 2020 einen erheblichen Umsatzeinbruch erlitten hat, da aufgrund behördlichen Corona-Anordnungen viele beruflichen und privaten Veranstaltungen entfielen und Menschen dementsprechend weniger Kleidung professionell reinigen ließen. Auch in solchen Fällen müssen Mieter – im Einklang mit dem BGH-Urteil vom 12.01.2022 – ausführlich darlegen, dass ihnen das Festhalten an dem Mietvertrag unzumutbar gewesen ist.
Dass das BGH-Entscheidung vom 12.01.2022 noch nicht alle erdenkliche Probleme zum Thema Mietminderung während Corona berücksichtig hat, zeigt die Entscheidung des OLG Oldenburg vom 29.03.2022, Az.: 2 U 234/21. Das OLG Oldenburg hatte zu entscheiden, ob Art. 240 § 7 EGBGB i.V.m. § 313 BGB auch auf eine Lagehalle anzuwenden ist. Das Gericht hat den Anspruch eines Möbelhauses auf Vertragsanpassung mit der Begründung abgelehnt, die Firma habe die Möbel online vertrieben und auch stationäre Verkäufe über „click & collect“ getätigt.
Das OLG Oldenburg hat allerdings die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil noch nicht abschließend geklärt ist, ob der Art. 240 § 7 EGBGB nicht nur auf Geschäftsräume, sondern auch auf Lagerhallen anwendbar ist: in der oben erwähnten BGH-Entscheidung geht es nur um Räumlichkeiten zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien und andere Waren und nicht um Lagerhallen.
Hinweis
Obwohl einige Rechtsfragen bezüglich der Mietminderung während Corona-Lockdown in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht endgültig geklärt sind, bleibt für Mieter nach wie vor von entscheidender Bedeutung bei der Durchsetzung ihrer Mietanpassungsansprüche konkrete Umstände bzw. Unzumutbarkeit der Festhaltung an dem unveränderten Gewerberaummietvertrag dazulegen.
Rechtsanwältin Anna Yurkova
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