VG Stuttgart, Urteil vom 17.05.2011 – 13 K 3505/09

Das VG Stuttgart hat mit seiner Entscheidung die Diskussion angestoßen, ob sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ein Akteneinsichtsrecht auch in öffentlichen Vergabeverfahren ergibt. Es hat einen Auftraggeber verpflichtet, einem in einem früheren Vergabeverfahren unterlegenen Bieter Auskünfte und Unterlagen aus der nachfolgenden Vertragsabwicklung (hier: Lieferanten-Reportings zu Liefermengen) zu erteilen, damit dieser prüfen konnte, ob eine neue Ausschreibung erfolgen muss.

Das IFG wird zwar durch andere Regelungen über den Zugang zu amtlichen Informationen verdrängt (§ 1 Abs. 3 IFG), wie im konkreten Fall die in § 14 Abs. 3 VOL/A 2009 geregelte vertrauliche Verwahrpflicht für Angebote und ihre Anlagen, die auch nach Abschluss eines Vergabeverfahrens als vorrangige Vorschrift gilt. Da aber § 14 Abs. 3 VOL/A (wie auch die vergleichbare Regelung des § 14 Abs. 8 VOB/A) keine Vorgaben für den Umgang mit Unterlagen macht, die der Auftraggeber erst im Rahmen der Vertragserfüllung erhält (wie hier die verlangten Lieferanten-Reportings), besteht nach Ansicht des VG Stuttgart keine Pflicht des Auftraggebers zur vertraulichen Behandlung der Unterlagen aus der späteren Vertragsabwicklung.

Ob sich die Auffassung des VG Stuttgart durchsetzt, bleibt noch abzuwarten. Kritische Stimmen sehen in der Verpflichtung zur Informationsherausgabe eine Wettbewerbsverzerrung, die nach dem Willen des Gesetzgebers entsprechend § 3 Nr. 6 IFG auszuschließen ist. Schließlich würde nur der Antragsteller informiert und nicht alle potentiellen Bieter; außerdem ist der Auftraggeber gegebenenfalls verpflichtet, eigene Geschäftsgeheimnisse offenzulegen.

Praxistipp
Während eines laufenden Vergabeverfahrens ist eine Akteneinsicht – wie bisher – nur bei EU-weiten Vergaben erst nach Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer gemäß § 111 GWB möglich. Nach Abschluss eines Vergabeverfahrens kann ein Bieter jedoch einen Antrag auf Auskunft nach IFG stellen, damit er Informationen über die Vertragsabwicklung erlangt. Durch einen solchen Antrag kann man zumindest den Ablauf von Rahmenverträgen kontrollieren, um gegebenenfalls eine Neuausschreibung zu erzwingen.