OLG Hamm, Urteil vom 27.10.2006 – 12 U 47/06; BGH, Beschluss vom 29.01.2009 – VII ZR 227/06 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) – veröffentlicht in IBR-Online, Werkstattbeitrag vom 11.03.2009
Entscheidung
Ein AN ist für einen Generalunternehmer (GU) auf Grundlage mehrerer Verträge an verschiedenen Bauvorhaben tätig. Nach Fertigstellung und Abnahme der Arbeiten am Bauvorhaben A erstellt der AN seine Schlussrechnung.
Der GU zieht von der geprüften Rechnungssumme den vereinbarten Mängelhaftungseinbehalt in Höhe von 5 % ab und behält ihn ein. Kurz danach übersendet der AN dem GU eine Mängelhaftungsbürgschaft in Höhe des Einbehaltes und fordert den GU zur Auszahlung des Sicherheitseinbehaltes auf. Der GU verweigert die Auszahlung des Einbehaltes. Er erklärt insofern die Aufrechnung mit fälligen Mängelhaftungsansprüchen aus dem Bauvorhaben B. Der AN verklagt daraufhin den GU auf Auszahlung des Sicherheitseinbehaltes. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die bisherige Rechtsprechung des BGH, wonach ein Auftraggeber auch bei Vorliegen eines Sicherungsfalles nicht berechtigt ist, den Einbehalt zu verwerten und die Bürgschaft gleichzeitig zu behalten (BGH, Urteil vom 13.09.2001 – VII ZR 467/00, abgedruckt unter anderem in BauR 2001, 1893). Das OLG Hamm weist die Klage des AN gleichwohl ab. Es führt zur Begründung aus, dass die Rechtsprechung des BGH nur für Ansprüche aus ein und demselben Bauvertrag gelte. Die Aufrechnung mit Ansprüchen aus einem anderen Bauvertrag sei jedoch möglich. Dies führe in diesem Fall dazu, dass der GU die Bürgschaft für die Dauer der Mängelhaftungsfrist behalten und gleichwohl den Sicherheitseinbehalt nicht ausbezahlen muss.
Praxishinweis
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des AN gegen das Urteil des OLG Hamm zurückgewiesen. Aus der Begründung des BGH lässt sich jedoch nicht entnehmen, ob dies aus inhaltlichen Gründen erfolgte, der BGH also die Meinung des OLG Hamm teilt, oder ob dies – wie bei den meisten Nichtzulassungsbeschwerden – aus prozessualen Gründen erfolgte. Gleichwohl spricht einiges für die Richtigkeit des Urteils des OLG Hamm. Der BGH hatte in der angesprochenen Entscheidung aus dem Jahr 2001 die Pflicht des AG, selbst im Sicherungsfall eine der beiden vorliegenden Sicherheiten herauszugeben, mit der konkreten Sicherungsabrede im Vertrag zu dem konkreten Bauvorhaben begründet. Die jeweilige Sicherungsabrede verpflichte den Bauherrn, im Falle eines ihm angebotenen Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen die Bürgschaft den Sicherheitseinbehalt auszuzahlen. Die konkrete Sicherungsabrede erstreckt sich jedoch nur auf den jeweiligen einzelnen Vertrag.
Sie enthält jedoch keine Festlegungen/Verein-barungen bezüglich weiterer Verträge. Danach dürfte die Entscheidung des OLG Hamm richtig sein. Auftraggeber könnten daher vorbehaltlich einer endgültigen Klärung durch den BGH berechtigt sein, die Auszahlung eines Bareinbehaltes trotz Vorliegen einer Mängelhaftungsbürgschaft unter Hinweis auf eine Aufrechnung mit Ansprüchen aus anderen Bauvorhaben zu verweigern. Die Situation an anderen Bauvorhaben sollte daher von Auftragnehmern immer vorab geprüft werden, wenn eine dem Auftraggeber vorliegende Sicherheit ausgetauscht werden soll.
Leave A Comment