BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11
Dem Auftragnehmer steht u. U. auch dann kein Mehrvergütungsanspruch wegen Deponierungskosten von belastetem Boden zu, wenn der Boden in der Leistungsbeschreibung nicht beschrieben war. Ein ausdrücklicher Hinweis ist dann nicht notwendig, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Boden regelmäßig kontaminiert ist. Ein verständiger und fachkundiger Bieter muss dies erkennen, wenn der Boden sich unterhalb einer teerhaltigen Asphaltschicht befindet. Der Auftragnehmer kann nicht vom günstigsten Fall, nämlich dem Vorfinden von schadstofffreiem Boden, ausgehen.
Der Bieter darf im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung nicht die für ihn günstigsten Bodenverhältnisse (hier keine Bodenkontamination) unterstellen. Nach den Ausschreibungsregelungen der DIN 18299 und 18300 sind Schadstoffbelastungen in den Leistungsbeschreibungen „nach den Erfordernissen des Einzelfalls“ anzugeben. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn ein zur Weiterverwendung nicht geeigneter Boden vorgefunden worden wäre.
Praxistipp
Dieser Fall zeigt wieder einmal deutlich, dass der Grundsatz der VOB/A-konformen Auslegung der Leistungsbeschreibung seine Grenzen hat. Zu erwähnen ist allerdings, dass der BGH für die Zukunft für solche Fälle ein Türchen offen gelassen hat. Der zugrunde liegende Fall hatte eine Ausschreibung aus dem Jahre 2002 zum Gegenstand. Der BGH weist ausdrücklich darauf hin, dass ein einheitliches und weit verbreitetes Ausschreibungsverhalten (Angabe der LAGA-Zuordnungswerte) dazu führen könne, dass die Leistungsbeschreibung anders zu verstehen sein könnte. Bei Unklarheiten sollten Bieter also stets nachfragen.
Rechtsanwältin Dr. Ines Gassner
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
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