BGH, Urteil vom 27.10.2011 – VII ZR 163/10
Wieder einmal hat der BGH die Mindestsätze der HOAI verteidigt und die hohen Hürden für eine unzulässige Unterschreitung derselben aufgezeigt. Gemäß § 4 Abs. 2 HOAI a. F. 1996 (= § 7 Abs. 3 n. F. 2009) dürfen die Mindestsätze der HOAI in Ausnahmefällen durch schriftliche Vereinbarung unterschritten werden. Die zulässigen Ausnahmefälle, so der BGH, dürfen einerseits nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet wird, einen „ruinösen Preiswettbewerb“ unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Anderseits können alle die Umstände eine Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigen, die das Vertragsverhältnis in dem Sinn deutlich von den übrigen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen ist.
Solche Ausnahmefälle können nach der amtlichen Begründung zur HOAI 2009 z. B. bei engen Bindungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art gegeben sein und auch angenommen werden, wenn eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien besteht, z. B. ein Rahmenvertrag.
Vorliegend hatte ein Generalplaner einen Subplaner in einem Zeitraum von rd. 3 Jahren 17 Mal beauftragt. Einen Rahmenvertrag hatten die Parteien nicht geschlossen, vielmehr hatten sie alle Aufträge auf Basis jeweils einzelner Pauschalhonorarvereinbarungen abgerechnet. Obwohl die Pauschalhonorare, welche die Mindestsätze unterschritten, jeweils auf den Angeboten des Subplaners beruhten, hält der BGH den Subplaner für schützenswert, mit der Folge, dass die Honorarvereinbarungen unwirksam sind und der Subplaner entgegen den Vereinbarungen die Mindestsätze der HOAI verlangen kann.
Auch der als Nachunternehmer tätige Ingenieur muss – so der BGH – davor geschützt werden, dass er unter dem Druck des Wettbewerbs einen nicht auskömmlichen Preis anbietet. Denn eine unauskömmliche Honorierung birgt nach der Wertung des Gesetzgebers die Gefahr minderwertiger Leistung. Dies gelte es zu unterbinden. Einen Ausnahmefall sah der BGH für nicht gegeben an, da zum einen die Konstellation der Nachunternehmerbeauftragung eine übliche Vertragsgestaltung sei. Zum anderen führe die mehrfache Beauftragung, welche rd. 20 % des Jahresumsatzes des Subplaners ausgemacht habe, noch nicht zu einer besonders engen wirtschaftlichen Beziehung zwischen den Parteien.
Praxistipp
Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob ein Ausnahmefall, der die Mindestsatzunterschreitung zulasse, dann vorläge, wenn die Parteien für ihre Zusammenarbeit einen Rahmenvertrag geschlossen hätten. Sollte daher eine ständige Zusammenarbeit geplant sein, und sich die Parteien über die Honorarmodalitäten einig sein, sollte der Abschluss eines Rahmenvertrages erwogen werden.
Rechtsanwältin Alexandra Riemann
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Mediatorin (DAA)
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