OLG Koblenz, Urteil vom 06.08.2008 – I U 1363/07; BGH, Beschluss vom 07.05.2009 – VII ZR 169/08 – (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) veröffentlicht in IBR 2009, 445
Entscheidung
Die Bundesrepublik Deutschland, ein Bundesland und mehrere Landkreise schreiben gemeinsam Fahrbahnmarkierungsarbeiten für Bundes-, Landes- und Kreisstraßen aus. Der AN erhält im Namen und auf Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, eines Bundeslandes sowie mehrerer Landkreise den Zuschlag, der durch einen Landesbetrieb erteilt wird. Der AN kann aus der Ausschreibung nicht ersehen, in welchem Umfang sich die zu erbringenden Markierungsarbeiten auf die einzelnen Straßen bzw. Straßenbaulastträger verteilen. Er bietet deshalb in seinem Angebot die Markierungsarbeiten mit einer einheitlichen Angebotssumme an. Nach ordnungsgemäßer Erbringung der Leistungen bestehen Meinungsverschiedenheiten wegen der Abrechnung. Der AN verklagt daraufhin die Bundesrepublik Deutschland wegen ausstehender Werklohnansprüche als Gesamtschuldner. Das OLG Koblenz gibt der Klage in vollem Umfang statt und weist dabei insbesondere den Einwand der Bundesrepublik Deutschland zurück, sie schulde nur die Werklohnvergütung für die Markierungsarbeiten auf den Bundesstraßen, für die sie auch die Straßenbaulast trage. Das OLG Koblenz führt aus, dass auch eine so genannte „Verwatungsvereinfachung“ einen gemeinsamen Zweck im Sinne der §§ 421, 427 BGB (Gesamtschuld) darstellen könnte. Eine solche liege hier vor. Der zuständige Landesbetrieb habe durch die einheitliche Ausschreibung die personal- und zeitaufwendige Ermittlung und Darstellung, welcher Teil der Markierungsarbeiten jeweils den verschiedenen Baulastträgern zuzuordnen ist, erspart. Das gefundene Ergebnis sei auch interessengerecht. Nähme man lediglich eine Teilschuld im Sinne des § 420 BGB an, ginge der AN das Risiko ein, eine gegebenenfalls hohe Forderung gegen einen Straßenbaulastträger zu erwerben, dessen Zahlungsverhalten er nicht kennt oder für den er – ohne Hinzutreten weiterer Partner – nicht tätig geworden wäre.
Praxishinweis
Das Urteil stellt eine Neuerung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung dar. Die Gerichte sind in der Vergangenheit, beispielsweise bei der Errichtung von verschiedenen Baulichkeiten auf einem Grundstück für mehrere Auftraggeber, von einer Teilschuld ausgegangen. Danach musste der Auftragnehmer den jeweiligen Vergütungsanteil selbst ermitteln und den Mitgliedern der Auftraggebergemeinschaft zuordnen. Zu beachten ist jedoch, dass der hier vorliegende Ausnahmefall einer Gesamtschuld nach den Ausführungen des OLG Koblenz wohl nur dann in Betracht kommt, wenn aus den Ausschreibungsunterlagen eine Aufteilung der Leistungsanteile auf die Mitglieder der Auftraggebergemeinschaft nicht zu ersehen ist. Auftraggeber sollten daher bei der gemeinsamen Ausschreibung und Vergabe von Leistungen auf die genaue Abgrenzung der jeweiligen Leistungsanteile in den Ausschreibungsunterlagen achten.
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