BGH, Urteil vom 04.06.2009 – VII ZR 54/07 – veröffentlicht in IBR 2009, 447
Entscheidung
Die Kläger kauften von dem beklagten Bauträger eine neu zu errichtende Doppelhaushälfte. In der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden Baubeschreibung war an verschiedenen Stellen von „gehobener Ausstattung“, „neuestem Stand“, „repräsentativer Konstruktion“, „hochwertiger Anlage“, „Treppen und Treppenhäuser werden akustisch entkoppelt“ und „erhalten einen hochwertigen Steinbelag“ die Rede. Weiter war unter der Rubrik „Grundlagen der Planung und Ausführung“ das Einhalten der anerkannten Regeln der Technik versprochen. Auf der anderen Seite war in der Baubeschreibung explizit niedergelegt, dass „in den Wohngeschossen ein schwimmender Estrich auf Wärme- bzw. Trittschalldämmung gemäß DIN 4109 zur Ausführung kommt“.
Nach Fertigstellung der Doppelhaushälfte stritten die Parteien insbesondere über die einschlägigen Schallschutzanforderungen. Die Kläger begehrten wegen der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln der Technik hinsichtlich des Schallschutzes die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage statt und hielt dabei die anerkannten Regeln der Technik und nicht die DIN 4109 für maßgeblich. Das Berufungsgericht wies die Klage dagegen ab und führte aus, dass nur das Einhalten der DIN 4109 geschuldet sei, da diese in der Baubeschreibung ausdrücklich genannt werde. Der BGH wiederum hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und gab der Klage statt.
Unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung führte der BGH aus, dass der Umfang und das Ausmaß des geschuldeten Schallschutzes durch Auslegung des gesamten Vertrages zu ermitteln ist. Im Rahmen dieser Auslegung sei nicht nur der Vertragstext, sondern auch die erläuternden und präzisierenden Erklärungen der Parteien und somit die im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen der Parteien von der Qualität des Schallschutzes maßgeblich. Wenn nach dem Vertrag ein üblicher Qualitäts- und Komfort-standard geschuldet sei, müsse sich auch das einzuhaltende Schalldämmmaß an dieser Vereinbarung orientieren. Der technisch unkundige Käufer könne erwarten, dass der Verkäufer eine noch zu errichtende Wohnung nach den zum Zeitpunkt der Abnahme geltenden anerkannten Regeln der Technik herstellt. Der Verweis auf die DIN 4109 müsse „redlicherweise lediglich dahingehend zu verstehen sein, dass ein diesem Normzweck entsprechender Schallschutz versprochen wird, soweit die DIN 4109 anerkannte Regeln der Technik ist“. Nach Auffassung des BGH können die sich aus den sonstigen Umständen des Vertrages ergebenden Anforderungen an den vertraglich vereinbarten Schallschutz nicht einfach durch einen pauschalen Hinweis auf die DIN 4109 überspielt werden.
Praxishinweis
Der BGH führt seine etwa vor zwei Jahren begonnene Rechtsprechungsänderung zur DIN 4109 fort. Ein den anerkannten Regeln der Technik entsprechender Schallschutz, also ein Schallschutz, der über die Vorgaben der DIN 4109 Beiblatt 1 hinausgeht, war nach dem Urteil des BGH vom 14.06.2007 geschuldet, wenn im Vertrag bzw. in der Baubeschreibung keine ausdrücklichen Vereinbarungen zum Schallschutz enthalten sind. Gemäß dem nunmehr vorliegenden Urteil kann dieser Grundsatz auch dann gelten, wenn in der Baubeschreibung ausdrücklich auf die DIN 4109 Bezug genommen wird. Dem BGH ist insoweit Recht zu geben. Ein Wohnungserwerber, der eine neu zu errichtende Wohnung erwirbt, kann einen den üblichen Komfort- und Qualitätsansprüchen genügenden Schallschutz erwarten. Soll von den anerkannten Regeln der Technik abgewichen werden, genügt – jedenfalls bei Verträgen mit technisch unkundigen Verbrauchern – ein Hinweis auf die DIN 4109 nicht mehr. Vielmehr muss der jeweilige Käufer nach den Ausführungen des BGH in dem hiesigen Urteil explizit darüber aufgeklärt werden, dass der Schallschutz gemäß der DIN 4109 nicht mehr dem heute geltenden Qualitätsstandard entspricht.
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