BGH, Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 19/11
Gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B ist ein Einheitspreis anzupassen, wenn die Ausführungsmenge die Auftragsmenge um mehr als 10% unterschreitet und der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Positionen oder in anderer Weise Ausgleich erhält. Diese Regelung betrifft ihrem Wortlaut nach allerdings nicht den Fall, dass einzelne Leistungspositionen vollständig entfallen. Bislang wurde für diese Fälle vielfach vertreten, dass sich der Vergütungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung der Kündigungsregelung in § 649 Satz 2 BGB bzw. §§ 2 Abs. 4, 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B ergibt.
Der BGH hat nunmehr entschieden, dass in einem solchen Fall § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B entsprechend heranzuziehen ist. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B trifft eine spezielle Regelunge für die ansonsten als Wegfall der Geschäftsgrundlage einzuordnende Mengenänderung (Äquivalenzstörung) und zielt darauf ab, den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeit zu entziehen, die sich aus der unzutreffenden Einschätzung der für die Ausführung der Bauleistung erforderlichen Mengen ergeben. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B ist aber auch in diesem Fall nur anwendbar, wenn der Entfall der Leistung nicht auf Grund einer Kündigung, eines Verzichts oder einer Anordnung entfällt. Dies gilt jedoch nur, soweit der Auftragnehmer durch Erhöhung der Mengen bei anderen Positionen oder in sonstiger Weise keinen Ausgleich erhält. Der BGH hat weiter ausdrücklich klargestellt, dass zu ersterem insbesondere die über 110% liegenden Mehrmengen, zu zweiterem zusätzliche Vergütungsansprüche für geänderte Leistungen nach § 2 Nr. 6 VOB/B gehören.
Praxistipp
Der Unternehmer erhält bei „Nullpositionen“ grundsätzlich eine Vergütung in Höhe der Beträge, die er zur Deckung seiner unabhängig von der Leistungserbringung anfallenden Gemeinkosten sowie seines Gewinns in die Einheitspreise einkalkuliert hat. Im Rahmen der Ausgleichsberechnung hat der Unternehmer auch darzulegen, dass er nicht bereits durch die auf andere Leistungspositionen entfallende Vergütungsansprüche ausreichende Deckung erhält.
Rechtsanwältin Dr. Ines Gassner
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
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