OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2010 – Verg 61/09 – OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2010 – Verg 61/09 – veröffentlicht in IBR 2010, 585
Entscheidung
Eine Vergabestelle schreibt Bauleistungen aus. Um weitestmögliche Kostenersparnis zu erzielen, lässt sie Nebenangebote nicht nur zu; sondern fordert ausdrücklich zur Einreichung kostensparender Nebenangebote auf. Mindestbedingungen für Nebenangebote sind nicht vorgesehen. Als Zuschlagskriterium ist konsequenterweise allein der günstigste Preis vorgesehen. Einige als „Nebenangebote“ gekennzeichnete Angebote einer Bieterin, mit der sie andere Fabrikate anbietet, werden ausgeschlossen. Hiergegen wendet sich die Bieterin und leitet ein Nachprüfungsverfahren ein.
Letztendlich bekommt die Bieterin Recht. Allerdings beruht der Erfolg allein darauf, dass das Gericht die „Nebenangebote“ nicht als Nebenangebote einstuft, sondern als Abweichung von den vorgesehenen technischen Spezifikationen. Das OLG Düsseldorf macht aber in beiden Entscheidungen ausdrücklich deutlich, dass echte Varianten, also Nebenangebote, nicht gewertet werden dürften. Nach dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG dürfen Nebenangebote nur bei Aufträgen berücksichtigt werden, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden. Da hier ausschließlich der Preis Zuschlagskriterium war, wären Nebenangebote nicht zu werten.
Praxishinweis
Bereits im Jahr 2003 hatte der EuGH (IBR 2003, 683) eine wegweisende Entscheidung zu Nebenangeboten erlassen, als er den Wortlaut der Vergaberichtlinien streng auslegte und die Wertung von Nebenangeboten nur bei vorheriger Festlegung von Mindestanforderungen gestattete. Nunmehr wird die explizite Anwendung der Richtlinien vom OLG Düsseldorf weitergeführt. Es legt die EG-Richtlinien allein aufgrund des Wortlauts dahin aus, dass die öffentlichen Auftraggeber Nebenangebote nur bei Aufträgen berücksichtigen dürfen, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden. Dies ist gerade nicht der günstigste Preis! Wie die VK Schleswig-Holstein (Beschluss vom 08.10.2010, VK-SH 13/10) in einer weiteren Entscheidung hierzu erläutert, hat das Deutsche Recht die Vergabekoordinierungsrichtlinie in Bezug auf die Nebenangebote nicht einheitlich umgesetzt. Daher ist die Richtlinie unmittelbar anzuwenden, was dazu führt, dass dem Wortlaut entscheidende Bedeutung zukommt. Allerdings ist die Rechtsprechung zu diesem Problem noch nicht einheitlich. So vertritt das OLG Koblenz (IBR 2010, 584) offensichtlich eine andere Auffassung und hat jüngst – wie viele vor ihm – die Wertung von Nebenangeboten unbeanstandet gelassen, obwohl der Preis das einzige Zuschlagskriterium war.
Hinweis für Auftraggeber:
Um eine sichere Ausschreibung zu erreichen, sollte darauf geachtet werden, dass bei der Zulassung von Nebenangeboten sowohl Mindestbedingungen, als auch weitere Zuschlagskriterien neben dem günstigsten Preis angegeben werden. In der Wertung der Zuschlagskriterien kann wiederum der Preis den eindeutigen Vorrang übernehmen.
Hinweis für Bieter:
Soweit in Ausschreibungen Nebenangebote zugelassen sind, sollte unverzüglich geprüft werden, ob für diese Mindestbedingungen und welche Zuschlagskriterien vorgesehen sind. Entsprechen diese nicht den Vorgaben der EG-Richtlinie nach der Auslegung des OLG Düsseldorf, sollte vorsorglich eine entsprechende Rüge erhoben werden (vgl. hierzu OLG Celle, IBR 2010, 227). Ein späteres Berufen auf die Unzulässigkeit der Wertung von Nebenangeboten ist nach der Neufassung des GWB nicht mehr möglich. Derartige Ausschreibungsfehler wären immer bereits in der Ausschreibung erkennbar, so dass die Rüge nur bis zum Ablauf der Angebotsfrist erhoben werden könnte.
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