BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 – 4 C 7.09 – veröffentlicht in UPR 2010, 391
Entscheidung
Die Klägerin beabsichtigte im Gebiet der beigeladenen Stadt fünf Windenergieanlagen zu errichten. Zum Zeitpunkt der Einreichung des Genehmigungsantrags beim beklagten Regierungspräsidium lagen die Baugrundstücke der Klägerin in einem Gebiet, das im einschlägigen Flächennutzungsplan (FNP) als Vorranggebiet für die Windenergienutzung dargestellt war. Innerhalb des Stadtgebiets wurden im FNP zu diesem Zeitpunkt noch zwei weitere Vorranggebiete für die Windenergienutzung ausgewiesen.
Im Zuge der Änderung des FNP durch die beigeladene Stadt wurde eine Nutzung für Windenergieanlagen nunmehr nur noch auf einer einzigen Fläche innerhalb einer Vorrangfläche vorgesehen und die Fläche auf etwa 1/10 der zuvor hierfür insgesamt vorgesehenen Flächen reduziert. Diese Fläche bot lediglich vier Windenergieanlagen Platz. Zum Zeitpunkt der Änderung des FNP waren dort bereits zwei Windenergieanlagen errichtet. Die Vorrangfläche erfasste die Baugrundstücke der Klägerin nicht.
Da der Beklagte den Genehmigungsantrag nicht innerhalb von drei Monaten beschied, erhob die Klägerin Untätigkeitsklage.
Ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung bestand nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Durch Darstellungen im FNP 2006 sei eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt. Daher stünden den geplanten Anlagen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Nach dieser Vorschrift stehen öffentliche Belange solchen Vorhaben, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 – 6 BauGB grundsätzlich im Außenbereich privilegiert und somit eigentlich grundsätzlich zulässig sind, in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziel der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
Auch die Ausweisung der einzigen und flächenmäßig wesentlich kleineren Konzentrationsfläche für die Errichtung von Windenergieanlagen beanstandete das Bundesverwaltungsgericht nicht. Es läge weder eine reine Verhinderungsplanung vor, noch seien bei Änderung des FNP Abwägungsmängel erfolgt.
Die Reduzierung mehrerer und größerer Konzentrationszonen auf eine einzelne Konzentrationszone mit geringeren Ausmaßen führe nicht zwingend zu einer zu missbilligenden Verhinderungsplanung. Die Gemeinde stehe aber unter einem besonderen Rechtfertigungszwang und es seien an die Vollständigkeit der Ermittlung des Abwägungsmaterials sowie an die Tragfähigkeit der in den Abwägungsprozess einfließenden Aspekte und Überlegungen besondere Anforderungen zu stellen.
Unter dieser Prämisse bestätigte das Bundesverwaltungsgericht der Beigeladenen eine abwägungsfehlerfreien Festsetzung, da die Untersuchung der in Frage kommenden Flächen ausreichend gewesen sei und die von der Stadt vorgesehenen Schutzzonen zur Wohnbebauung und zu einem angrenzenden Wald sachlich begründet seien. Auch im Hinblick auf den Konflikt zwischen Vogelschutz und Windenergienutzung durfte die Stadt sich nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts für ersteren entscheiden.
Praxishinweis
Um Standorte für Windenergieanlagen entbrennen immer wieder heftige Auseinandersetzung zwischen Gemeinden und potentielle Anlagenbetreibern. Die – umweltpolitische gewollte – Ausweisung von Standorten für die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbaren Energien gerät dabei regelmäßig in Konflikt mit den landschaftsplanerischen und städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinden. Das Bundesverwaltungsgericht verdeutlicht, dass die Gemeinde die Ansiedelung entsprechender Anlagen sehr wohl steuern und durchaus auf ein beschränktes Flächemaß reduzieren kann, wenn es die dieser Reduzierung zugrundeliegenden Gründe ausreichend untermauern kann.
In der praktischen Auswirkung werden dadurch zwar bestimmte Grundstückseigentümer gegenüber anderen in Bezug auf die Errichtungsmöglichkeiten entsprechender Anlagen bevorzugt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den Trägern der Bauleitplanung gerade die Möglichkeit eröffnet hat, entsprechende Bereiche festzusetzen und bestimmte im Außenbereich grundsätzlich zulässige Anlagen auf diese Bereiche zu konzentrieren. Wie sich aus dem Urteil ergibt, werden an die Auswahl der Konzentrationszonen dann aber hohe Anforderungen gestellt.
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