BGH, Urteil vom 12.03.2010 – V ZR 147/09 – veröffentlicht in IMR 2010, 246
Entscheidung
Bei einer von mehreren Eigentumswohnungen einer Wohnungseigentumsgemeinschaft tritt Wasser ein. Daraufhin wird ein Architekt von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, die Ursachen für diesen Wassereintritt und die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten zu ermitteln. Noch vor Abschluss der Ermittlungen des Architekten veräußert ein Wohnungseigentümer seine nicht vom Wassereintritt betroffene Wohnung an einen Käufer (K). Im Rahmen dieses Kaufvertrages werden sämtliche Sachmängelansprüche des Käufers ausgeschlossen. Auf den Wassereintritt in der Parallelwohnung und den von der Eigentümergemeinschaft gefassten und umgesetzten Beschluss, den Architekten mit der Ursachen- und Kostenermittlung zu beauftragen, weist der Wohnungseigentümer den Käufer nicht hin. Der Käufer erfährt von dem Wassereintritt erst im Rahmen der nächsten Eigentümerversammlung, in der der Architekt seinen Bericht über die Ursachen und Kosten erstattet. Daraufhin setzt der Käufer dem verkaufenden Wohnungseigentümer eine Frist zur Mängelbeseitigung. Binnen dieser Frist erklärt der verkaufende Wohnungseigentümer, dass er den Käufer von sämtlichen Ansprüchen und Kosten im Zusammenhang mit dem Wassereintritt, insbesondere von Umlagen der Gemeinschaft für die Mängelbeseitigung freistellen wird und bietet zudem eine entsprechende Sicherheit an. Gleichwohl erklärt der Käufer kurz danach wegen arglistiger Täuschung den Rücktritt vom Kaufvertrag und macht klageweise die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises geltend.
Die Klage des Käufers wird in letzter Instanz abgewiesen. Der BGH führt in diesem Urteil aus, dass zur Geltendmachung von Mängelrechten bei Kaufverträgen grundsätzliche eine Frist zur Nacherfüllung bzw. Mängelbeseitigung gesetzt werden muss. Nach den Ausführungen des BGH ist aber eine solche Fristsetzung zur Mängelbeseitigung in bestimmten Fällen entbehrlich. Eine solche Entbehrlichkeit liegt grundsätzlich, so der BGH weiter, in Fällen bzw. Situationen vor, in denen der Verkäufer den Käufer arglistig getäuscht bzw. vorhandene Mängel arglistig verschwiegen hat. Hier hat der Käufer jedoch explizit eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Binnen dieser Frist ist der Mangel zwar nicht beseitigt worden, der Käufer habe hier aber eine Freistellung von entsprechenden Zahlungsansprüchen angeboten. Die Freistellungserklärung steht nach Auffassung des BGH einer Erfüllung des Anspruchs auf Nacherfüllung, also einer erfolgreichen Durchführung der Mängelbeseitigung gleich. Hinzu komme, so der BGH weiter, dass hier bereits festgestanden habe, dass die Mängelbeseitigung in angemessener Zeit vorgenommen werde.
Praxishinweis
Das vorliegende Urteil zeigt, dass Entscheidungen und Erklärungen bei Mängeln erst nach sorgfältiger Prüfung der Rechtslage getroffen werden sollten. Hier hat sich der Käufer sein ihm grundsätzlich aufgrund der Täuschung zustehendes Rücktrittsrecht dadurch selbst vereitelt, dass er eine Nachfrist gesetzt hat. Da innerhalb der gesetzten Frist der Mangel behoben bzw. ein gleichwertiger Ersatz vom Verkäufer beschafft wurde, verlor der Käufer das Rücktrittsrecht. Auf der anderen Seite darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass das Erfordernis der Fristsetzung bei einer arglistigen Täuschung nach der Rechtsprechung des BGH „nur im Regelfall“, also nicht immer entfällt. Bei außergewöhnlichen Konstellationen kann es im Falle einer arglistigen Täuschung trotzdem notwendig sein, vor Erklärung des Rücktrittes den Verkäufer zur Mängelbeseitigung aufzufordern.
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