OLG Hamm, Urteil vom 28.01.2021 – 21 U 68/14

 

Das Oberlandesgericht Hamm hatte über mehrere Schadensersatzansprüche eines Bauherrn gegenüber dem planenden Architekten zu entscheiden, die der Bauherr der Honorarforderung des Architekten im Wege der Aufrechnung entgegengestellt hatte. Hierbei hat das OLG Hamm überaus detaillierte Anforderungen an die Planungstiefe des Architekten im Rahmen der Ausführungsplanung gestellt. Der Architekt war mit den Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 5 der Objektplanung Gebäude gemäß dem Leistungsbild des § 33 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 11 HOAI 2009 beauftragt.

Streitig war insbesondere eine bauherrenseits vorgetragene mangelhafte Planung einer Stehfalzfassade. So war zwar unstreitig, dass es bei dieser Fassade ausreichender Be- und Entlüftungsöffnungen im Bereich der Fuß- und Kopfpunkte bedarf, um die erforderliche Hinterlüftung der Fassade zu gewährleisten. Solche hatte der Architekt nicht geplant. Das OLG Hamm hatte daher darüber zu entscheiden, ob die Planung des Architekten deshalb mangelhaft war, weil der Architekt solche Be- und Entlüftungsöffnungen hätte detailliert planen müssen oder ob es sich hierbei um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handelt.

 

Entscheidung des OLG Hamm

Das OLG Hamm ist der Auffassung, gerade im Grenzbereich zur technischen Selbstverständlichkeit müsse der Architekt den sicheren Weg wählen und eine Detailplanung erstellen. Unterlässt er dies, ist die Planung mangelhaft. Hierzu führt das OLG Hamm aus: Im Rahmen der Leistungsphase 5 ist der Architekt verpflichtet, die Ausführungsdetails umfassend zeichnerisch darzustellen. Das bedeutet, dass im Regelfall für alle Gewerke Ausführungspläne erstellt werden müssen, für zahlreiche Gewerke sogar darüber hinaus bis in Einzelne und in Kleinigkeiten geplant werden muss. Anderenfalls liegt ein Planungsfehler vor. Wichtige Details der Ausführung erfordern eine entsprechende Detailplanung, wie z.B. hier die Hinterlüftung von Fassadenelementen. Nur Einzelheiten von untergeordneter Bedeutung und zu untergeordneten Leistungen, die in zuverlässiger Weise erst im Rahmen der Überwachungstätigkeit an Ort und Stelle angegeben werden können, bedürfen keiner Einzeldarstellung im Rahmen der Ausführungsplanung.

Bei Leistungen der Feuchtigkeitsisolierung und Wärmedämmung muss die Ausführungsplanung bis ins kleinste Detail, notfalls bis zum Maßstab 1:1 gehen. Insbesondere bei einem Zusammenspiel von verschiedenen Leistungsbereichen muss zudem detailgenau geklärt werden, wie z.B. Materialübergänge und -anschlüsse zu lösen sind und in welchem Verantwortungsbereich welcher Detailbereich liegt.

Nur handwerkliche Selbstverständlichkeiten, insbesondere auch technische Regeln, die zum handwerklichen Grundwissen gehören, müssen in der Ausführungsplanung nicht ausführlich beschrieben werden.

 

Praxistipp

Das OLG Hamm setzt strenge Maßstäbe an die Detailtiefe der Ausführungsplanung des Architekten. Nur sofern es sich um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handelt, darf eine detaillierte Angabe in der Ausführungsplanung fehlen. Die Grenzen jedoch sind fließend, so dass der Architekt, um einen Planungsfehler zu vermeiden, im Zweifel den sichereren Weg der detaillierten Planung aller Gewerke zu gehen hat. Dies gilt umso mehr, als das OLG Hamm den Ausführungsmangel des ausführenden Unternehmens bereits als Indiz dafür sieht, dass eine entsprechend detaillierte Ausführungsplanung erforderlich gewesen wäre.

Für die Praxis kann es daher gerade bei solchen „Grenzgewerken“ unter Umständen nützlich sein, bereits im Vertrag festzulegen, welche Details von welchem Planer geplant werden, und bei welchen Gewerken die Parteien insoweit von handwerklichen Selbstverständlichkeiten ausgehen, und daher eine Detailplanung vertraglich nicht geschuldet ist.

 

Rechtsanwältin Alexandra Riemann

Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht