OLG München, 20. Zivilsenat, Urteil, 21.07.2021, 20 U 5268/20 Bau

Das OLG München hatte einen Fall zu einem VOB/B-Bauvertrag zu entscheiden, wonach der Auftraggeber wohl eine Anordnung zu der im Übrigen notwendigen Verbreiterung der Profile bzw. von Wetterblechen bei der Ausführung einer Fassade infolge der Einbringung einer stärkeren Außendämmung als nach der Leistungsbeschreibung geschuldet gegeben und die Ausführung der Leistungen und deren Notwendigkeit außerdem noch im Nachhinein bestätigt hatte. Dennoch lehnte er die Vergütung ab und verwies auf die fehlende schriftliche Vereinbarung, die nach der von ihm verwendeten Vertragsklausel betreffend die Mehrvergütung von Änderungs- und Zusatzleistungen im Sinne von § 1 Nr. 3 bzw. § 1 Nr. 4 VOB/B Anspruchsvoraussetzung war. Das OLG München hat in Bezug auf die vom Auftraggeber abgelehnte Bezahlung der notwendigen Arbeiten zur Profilverbreiterung der Wetterbleche einen Anspruch aus § 2 Abs. 5 bzw. § 2 Abs. 8 Ziff. 2 S. 2 VOB/B anerkannt. Dabei hat es zudem festgestellt, dass die Klausel, die der Auftraggeber durch seinen Bauvertrag einseitig vorgegeben hatte, nämlich, dass eine schriftliche Beauftragung Voraussetzung für eine Vergütung eines Nachtrages sein soll, nach § 307 BGB unwirksam ist. Ziff. 10 des Bauvertrages hatte bestimmt, dass Nachträge bzw. zusätzliche Leistungen schriftlich vorgelegt werden müssen und erst nach Unterschrift als erteilt gelten.

Das OLG München subsumiert zudem bezogen auf § 2 Abs. 8 Nr. 2 s. 2 VOB/B aus diesseitiger Sicht nicht ausreichend, ob eine Notwendigkeit für die Leistung vorlag. So geht das OLG Jena (Urteil v. 25.03.2021, 8 U 592/20, IBR 2021, 1821) von einer notwendigen Leistung nur dann aus, wenn sie technisch zwingend notwendig war.  Es heißt, dass die Profilverbreiterung nötig geworden sei, weil eine stärkere Außendämmung aufgebracht worden sei. Man kann unterstellen, dass dieser technische Zusammenhang gegebenenfalls im Sinne des OLG Jena technisch zwingend notwendig war, eine Feststellung dazu enthält das Urteil des OLG München jedoch nicht. Dies deshalb, weil das OLG München feststellte, dass der Auftraggeber nicht bestritten habe, dass er am Objekt eine stärkere Außendämmung habe anbringen lassen, als ursprünglich vorgesehen. Dies würde zwangsläufig weitere Profile und Wetterbleche notwendig werden lassen. Der Umweg über die Außendämmung zur Begründung der Notwendigkeit im Sinne von § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B wäre – wie vorstehend angeführt – entbehrlich gewesen, hätte man die Profilverbreiterung als Folge der Anordnung der geänderten Außendämmung angesehen.

Weiterhin stellt das OLG München ab, dass der Auftraggeber angesichts der Einbringung einer stärkeren Dämmung auch Kenntnis davon hatte, dass der Auftragnehmer breitere Profile und Wetterbleche verarbeitet habe. Gegen den geltend gemachten Preis habe der Auftraggeber nichts eingewendet.

Praxistipp

Auftraggeber sollten endgültig davon Abstand nehmen, Schriftformklauseln ohne Ausnahmen für Ansprüche aus GoA und ungerechtfertigter Bereicherung in ihren Bauverträgen zu verwenden. Letztendlich hilft eine solche Klausel weder dem Auftraggeber selbst noch den Objektüberwachern, die sich gegebenenfalls auf die Wirksamkeit verlassen und nicht richtig im Bauablauf reagieren, weshalb es dann auch zur Genehmigung von nicht bestellten Nachträgen durch konkludentes Handeln kommen kann und Ähnliches. Außerdem wird die Kostenverfolgung im Vertrauen auf die Abwehr dieser Nachträge solche Kosten nicht enthalten und der Auftraggeber erlebt am Ende hinsichtlich der tatsächlichen Kosten ein Waterloo. Ein gesicherter Nachtragsmanagementablauf wäre für die Budgeteinhaltung bzw. -fortschreibung zwingend erforderlich, wozu auch das Prüfen entsprechend notwendiger Leistungen bei geänderter Ausführung im Voraus, d. h. vor der Ausführung gehört sowie die dann entsprechend ausgelöste Bestellung im Sinne einer Anordnung nach § 1 Abs. 3 respektive § 1 Abs.4 VOB/B. Dieser Ablauf auch bekanntlicherweise auch der Gesetzesinitiative zum BGB 2018 bezogen auf § 650b BGB zugrunde. Es bleibt insofern ohnehin abzuwarten, was die schon lange angekündigte Änderung der VOB/B an dieser Stelle ergeben wird.

Gleich verhält es sich bezogen auf die Vereinbarung der Höhe nach. Wie im Fall des OLG München hatte der Auftraggeber sich in der Sicherheit gewogen, dass der Nachtrag nicht zu vergüten ist und mithin daher den Preis nicht verhandelt. Insofern kommt ebenfalls eine konkludente Bestätigung des Preises in Betracht, die gegebenenfalls nicht gewollt war.

Rechtsanwältin Ursula von Minckwitz