OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2023 – 5 U 227/21

In dem Fall, den das OLG Düsseldorf zu entscheiden hatte, ging es um ein Bauunternehmen (Klägerin), das einen TGA-Ingenieur (Beklagter) mit der Planung der technischen Gebäudeausrüstung bei einem Neubau beauftragt hatte und diesen im Wege der Klage auf Schadensersatzanspruch wegen Mängel in Anspruch nahm. Nach Auffassung der Klägerin sei die TGA-Planung mangelhaft gewesen, da sie die Mindestanforderungen der DIN 18015-2 nicht erfüllt habe. Das Landgericht Düsseldorf sah in der Unterschreitung der Mindestanforderungen der DIN 18015-2 einen Mangel und gab der Klage in der ersten Instanz dem Grunde nach statt. Der Beklagte legte gegen die Entscheidung Berufung ein.

Die Entscheidung

Der Beklagte wehrte sich mit Erfolg gegen das erstinstanzliche Urteil. Das OLG wies die Klage ab. Nach Auffassung des OLG war kein Mangel gegeben. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass die Parteien die Einhaltung DIN 18015-2 vertraglich vereinbart hatten. Die DIN 18015-2 stelle im Übrigen keine allgemein anerkannten Regeln der Technik dar. Sie gäbe lediglich ein Ausstattungsniveau vor, das Komfortansprüchen diene. Eine Verbindung zu Regeln der Technik oder sicherheitstechnischen Anforderungen sei hingegen nicht ersichtlich. Hinzu kam, dass die Klägerin, die sich technisch auf Augenhöhe mit dem Beklagten befand, trotz mehrfacher Prüfungen die Mindestanforderungen nicht beanstandet hatte und das OLG somit davon ausging, dass die Klägerin Kenntnis von der Unterschreitung der DIN haben musste.

Praxistipp

Das Urteil zeigt, dass nicht jede DIN-Norm automatisch allgemein anerkannte Regel der Technik ist. Blindes Vertrauen in DIN-Normen kann bestraft werden. Wie immer müssen die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, um zu beurteilen, ob eine DIN auf den jeweiligen Sachverhalt anwendbar ist und ob diese eine anerkannte Regel der Technik darstellt.

Sowohl an Auftragnehmer als auch an Auftraggeber ergeht deshalb der Appel, sich nicht ausschließlich auf die Einhaltung von Normen zu verlassen, sondern immer die Anforderungen der konkreten Baumaßnahme im Blick zu haben und zu berücksichtigen. Eine sorgfältige Prüfung der Planungsanforderungen ist unerlässlich. Auf etwaige notwendige Abweichungen von Normen ist unmittelbar (schriftlich) hinzuweisen – noch besser: eine Einigung bezüglich des Abweichens erzielen.

Philipp Schlemmer

Rechtsanwalt